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Was wissen wir über das Fegfeuer?
Die Leiden und Freuden des Fegefeuers
 

 
I Das besondere Gericht
II. Die Armen Seelen
III. Die Freuden der Armen Seelen
IV. Die Hilfeleistung
V. Wo ist das Fegfeuer?
VI. Dauer des Fegfeuers
VII. Wie leiden die Seelen im Fegfeuer?
VIII. Irrige Meinungen
IX. Wodurch können wir uns das Fegfeuer abkürzen?
Anhang – Ergänzungen

Ursprünglicher Titel: Die Leiden und Freuden des Fegefeuers.
Imprimatur des Originals vom 14 Jan. 1936   Nach der 2. Auflage 1938 überarbeite
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I Das besondere Gericht

1. Jeder Mensch wird gleich nach dem Tod von Gott gerichtet.

Der hl. Paulus sagt: „Es ist dem Menschen bestimmt, einmal zu sterben; hierauf folgt das Gericht.“ (Hebr. 9,27) Dieses Gericht heißt das besondere, weil es über jeden einzelnen Menschen im besonderen gehalten wird, im Gegensatz zum allgemeinen oder Weltgericht, das am jüngsten Tag abgehalten werden wird, wenn alle Menschen vor dem Richterstuhl Gottes werden erscheinen müssen.

Der Urteilsspruch beim besonderen Gericht wird sogleich vollzogen. Laut kirchlicher Entscheidung kommen jene Menschen, die nach der Taufe nicht gesündigt haben, und jene, die wohl gesündigt, aber ihre Sünden vollkommen abgebüßt haben, unverzüglich in den Himmel, jene dagegen, die mit irgendeiner Todsünde gestorben sind, kommen auf ewig in die Hölle. (Konzil von Lyon 1274) Denn nichts Unreines kann ins Himmelreich eingehen. (Off. 21,27)

Doch die Seelen jener Menschen, die zwar ohne Todsünde gestorben sind, aber ihre Sünden noch nicht vollkommen abgebüßt haben, kommen eine Zeit lang in den Läuterungsort (Reinigungsort, Purgatorium), den wir Fegfeuer nennen.

 

2. Die Seelen vieler Menschen kommen nach dem besonderen Gericht ins Fegfeuer.

Das Fegfeuer hat seinen Namen davon, weil dort die Seelen „Wie durch das Feuer zur Seligkeit gelangen.“ (Beachte die diesbezüglichen Worte des hl. Paulus bei 1. Kor. 3,15.) Dass im Reinigungsort Feuerstrafen seien, behauptet der hl. Ambrosius (Ps. 118), der hl. Papst Gregor der Große (dial. IV. 39) und der hl. Thomas von Aquin (IV dist. 21,1,1,2). Der hl. Bonaventura und Suarez sind der Ansicht, dass im Reinigungsort und in der Hölle das gleiche Feuer sei. Origines (+254) sagt, dass manche durch das Feuer selig werden, damit das `Blei`, das ihnen beigemischt sei, aufgelöst und zu reinem Gold werde. (hom. 6 in Exod,.) Auch der Tridentinische Katechismus lehrt: „Es gibt ein Reinigungsfeuer worin die Seelen der Frommen eine bestimmte Zeit lang gepeinigt und so geläutert werden, damit ihnen der Eintritt ins ewige Vaterland offen stehen könne, in das nichts Beflecktes eingeht.“ (VI.3)

Dass Geister Feuerstrafen erleiden können, folgt schon aus folgenden Worten Christi, die er beim Weltgericht zu den Verworfenen sprechen wird. „Weichet von mir ins ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet worden ist.“ (Mt. 25,41) Wer sich darüber wundert, wieso eine Seele, also ein geistiges Wesen, Feuerqualen erdulden könne, beachte folgende Worte des hl. Kardinals Bellarmin: „Wenn der Geist (unsere Seele) mit dem Leibe verbunden werden konnte, so kann auch der Geist mit dem Feier verbunden werden, um Strafe zu leiden. Warum sollte Gott in der vom Leib getrennten Seele nicht dieselben Gefühle erwecken können, die sie bereits früher im Leib durch Einwirkung des Feuers empfunden hat!“

Der hl. Bischof Gregor von Nazianz (+389) nennt das Fegfeuer eine „Feuertaufe“, weil es reinigend wirkt wie die Taufe. Tertullian, Priester zu Karthago (+250), „nennt es eine vorübergehende Hölle“, weil dort ähnliche Schmerzen sind wie in der Hölle, aber nicht ewig. Manche nennen es eine „Art Vorhölle“, weil dort die Seelen auf die Erlösung warten, wie einst die Gerechten in der Vorhölle gewartet haben; oder auch einen Kerker, weil dort die Seelen solange zurückgehalten werden, bis sie den letzten Heller bezahlt haben. (Siehe Christi Worte bei Mt. 5,26)

Das Fegfeuer kann aber auch ein Gnadenort genannt werden,  wie dort die von Gott begnadigten Sünder ihre Schuld durch Leiden abtragen können. Aber mit Unrecht wird das Fegfeuer „Vorhimmel“ genannt; denn der Vorhimmel ist das Paradies, aber nicht der Reinigungsort.

Nun die Frage: Warum kommen wohl viele Menschen ins Fegfeuer und noch dazu vielleicht auf lange Zeit? Maria Lindmayr antwortet: „Die meisten Menschen leben als Weltkinder dahin und kümmern sich wenig um die Seligkeit, daher kommen gar so viele Seelen auf lange Zeit ins Fegfeuer.“ (Übrigens können sie sich noch glücklich schätzen, dass es zufolge der unendlichen Barmherzigkeit Gottes so ausgefallen ist!) Maria Lindmayr sagt noch: „Etwas Großes ist die Beleidigung Gottes. Alles, was hier auf Erden nicht getilgt worden ist, muss dort abgebüßt werden. Die Armen Seelen in Fegfeuer haben mir gezeigt, wie gar genau in der anderen Welt alles durchsucht und abgerechnet wird.“

Das Fegfeuer aber ist nicht nur ein Ort der Gerechtigkeit, sondern auch ein Geschenk der Barmherzigkeit Gottes. Die ehrw. Klara Moes sagt: „Das Fegfeuer haben wir nur der unbegrenzten Barmherzigkeit Gottes zu verdanken. Würde die Barmherzigkeit Gottes nicht seine Gerechtigkeit übertreffen, so hätten die Seelen gar nicht das Glück, ins Fegfeuer zu kommen.“

 

3. Im Fegfeuer werden die zeitlichen Strafen für vergebene Todsünden abgebüßt, dann lässliche Sünden und der Hang zur Sünde.

Durch die Lossprechung des reumütigen Sünders, beziehungsweise durch die vollkommene Reue werden (wie der hl. Bonaventura sagt) die ewigen Strafen in Zeitliche umgewandelt. Gott macht es wie ein König, der die Todesstrafe in eine längere Kerkerstrafe umändert.

Der hl. Augustin spricht zu Gott: „Du lässt die Sünden derer, denen du verziehen hast, nicht ungestraft.“ Der hl. Bernhard sagt: „Es ist so wie beim menschlichen Leib: es bleibt nach der Wunde noch eine Narbe zurück!“ Nicht ohne Grund werden im Vaterunser die Sünden Schulden genannt, denn gleichwie man Schulden bezahlen muss, so muss man auch die Sünden durch Genugtuung tilgen. (Hl. Gregor d. Große)

Die zeitlichen Sündenstrafen, diese Überbleibsel der Sünden können schon auf Erden durch gute Werke getilgt werden, d.h. durch Gebet, Fasten und Almosengeben; auch dadurch, dass man die Leiden des Lebens, wie Krankheiten, Schicksalsschläge u. dgl., namentlich aber den Tod geduldig annimmt. (Konzil von Trient 14,Kap. 9 und Kann. 13)

Auch durch Gewinnung von Ablässen kann man Sündenstrafen tilgen. Falls aber auf Erden die Sündenstrafen nicht vollständig abgebüßt wurden, muss das Fehlen im Fegfeuer nachgeholt werden. Die im Jenseits zu leistende Genugtuung kann aber mit den Bußwerken auf Erden nicht verglichen werden. Die hl. Katharina von Genua (+1510) sagt: „Wer in diesem Leben seine Sünden abbüßt, bezahlt mit wenigen Pfennigen tausend Dukaten; wer aber die Abbüßung ins andere Leben verschiebt, bezahlt mit tausend Dukaten wenige Pfennige.“

Auch lässliche Sünden, für die man auf Erden nicht genug getan hat, müssen im Fegfeuer abgebüßt werden. Man soll sie daher nicht gering schätzen. Manche Menschen haben z.B. die üble Gewohnheit, bei ganz geringen Anlässen den Namen Gottes oder den heiligsten Namen Jesus (Herrgott, Jesus-Maria u. dgl.) ohne Grund, also leichtfertig auszusprechen. Im Fegfeuer wird ihnen die Ehrfurcht vor diesen heiligen Namen gründlich beigebracht werden. Andere wieder lieben z.B. Scherzlügen und Scherzreden. Im Fegfeuer wird ihnen die Lust dazu vergehen. Marie Lataste (+1847), Laienschwester im Sacré Coeur zu Paris, die viele Offenbarungen hatte, sagt. „Durch die Flammen des Fegfeuers müssen jene gehen, die sich bei ihrem Tod im Zustand der lässlichen Sünde befinden, damit sie diese sühnen, ehe sie in den Himmel eingehen.“ (III. 1,2,6) Und Schwester Nativitas erklärt: „Manche befinden sich im Fegfeuer wegen geringer Fehler, z.B. wegen müßiger Worte, übler Nachrede, übler Laune und Ungeduld und einige wegen Unvollkommenheiten“; auch sagt sie „Gott brennt die kleinsten sündhaften Fäden aus, damit nicht eine Spur von Sünde die Heiligkeit seines Hauses beflecke.“ (S. 844)

Dass Gott auch kleine Fehler nicht ungestraft lässt, beweist die Bestrafung des jüdischen Priesters Zacharias, der sogleich stumm wurde, wie er dem Engel nicht glauben wollte (Luk. 1,20). Auch die Bestrafung des Moses, der wegen einer unüberlegten Rede nicht ins Gelobte Land eingehen durfte. (2. Mos. 20,10)

Auch der Hang zur Sünde, d.h. die übermäßige Anhänglichkeit an die Geschöpfe, Güter und Freuden der Erde wir im Fegfeuer aus der Seele ausgebrannt. Menschen also, die z.B. im Essen oder Trinken unmäßig, hoffärtig, geizig, neidisch waren oder dem Müßiggang huldigten, müssen sich beim Übergang in die Ewigkeit einer Läuterung unterziehen. Durch bittere Leiden wird dann die Seele von der unordentlichen Liebe zu den irdischen Dingen und Genüssen freigemacht.

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II. Die Armen Seelen

Die Seelen im Reinigungsort heißen mir Recht `Arme Seelen`, d.h. hilfsbedürftige Seelen.

 

Die Armen Seelen befinden sich, obwohl sie ihrer einstigen Seligkeit sicher sind, in einem bedauerlichen Zustand.

1.) Sie können nicht mehr, wie es auf Erden der Fall war, durch Verrichtung guter Werke der göttlichen Gerechtigkeit Genugtuung leisten, sondern nur durch Leiden. Für sie ist die Nacht hereingebrochen, in der, wie Christus sagt (Joh 9,4), niemand mehr wirken kann.

Bischof Dr. Paul Keppler von Rottenburg sagt sinnreich: „Die Uhr des Fegfeuers hat immer denselben Pendelschlag Leiden, warten! Leiden, warten! Eine trostlose Monotonie, die einschläfern würde, wenn diese Seelen schlafen könnten oder wenn die Schmerzen schlafen ließen.“ (Armenseelenpredigt s. weiter unten unter Kap. IX).

2.) Dazu kommt noch der Umstand, dass die Leiden der Armen Seelen ohne Verdienst bleiben, d.h. sie bekommen für die Leiden, die sie im Fegfeuer erdulden, keinen Lohn im Himmel, während die Menschen auf Erden für das geduldige Ertragen von Leiden ewigen Lohn zu erwarten haben. Mit Rücksicht auf die Stelle bei Ekkl. 9,5: „Die Toten… können nichts mehr verdienen“, sagt der hl. Hieronymus, dass es nach dem Tod keine Gelegenheit mehr gebe, gute Werke zu verrichten.

3.) Die Leiden im Fegfeuer sind nach der Ansicht hervorragender Theologen schlimmer als die Leiden auf dieser Erde. Der hl. Augustin sagt, das Feuer des Reinigungsortes sei ärger als jede andere Strafe auf dieser Welt (sermo de igne purg.; ps. 37,3): auch behauptet er, dass die Strafen im Fegfeuer schwerer seien als die Qualen der Märtyrer. (sermo 42 de sanctis) Der hl. Bernhard sagt, das Feuer des Reinigungsortes sei peinvoller und schärfer als die Leiden dieses Lebens.

Ähnlich sprechen auch der hl. Gregor der Große, der hl. Anselm und der hl. Bonaventura. Der hl. Thomas von Aquin sagt, das Feuer des Reinigungsortes sei dasselbe wie das Feuer der Hölle (4,21,2); dasselbe Feuer, das die Verdammten peinigt, reinigt auch die Seelen im Fegefeuer. (Append. 2) Auch Suarez und der hl. Bonaventura sind der Ansicht, dass in der Hölle und im Reinigungsorte das gleiche Feuer sei. Die hl. Magdalena von Pazzi berichtet, dass ihr im Fegfeuer leidender Bruder gesagt habe, die Peinen der Märtyrer seien ein lieblicher Lustgarten gegenüber den Leiden im Fegfeuer. Der hl. Thomas von Aquin behauptet sogar: „Die geringste Strafe im Fegfeuer übersteigt alle Leiden dieser Welt.“ (4 dist. 21,1,1)

Die Armen Seelen sind gewissermaßen schlimmer daran als Bettler. Denn diese können bei den Mitmenschen um Hilfe bitten, die Seelen im Reinigungsort aber nicht mehr; sie können nur mit Geduld und Ergebung in den Willen Gottes leiden. Nur äußerst selten ist einer Seele erlaubt, auf Erden zu erscheinen und um Hilfe zu bitten. (Ein solcher Fall wird berichtet aus dem Leben des Dr. Raffeiner.)

Am schlimmsten sind die Seelen jener Menschen dran, die außerhalb der Kirche lebten, weil ihnen die Fürbitten der katholischen Kirche nicht zugute kommen. Denn die katholische Kirche betet nur für die Verstorbenen Christgläubigen, also für jene, die zu ihr gehört haben. Bei der hl. Messe betet der Priester im „Memento für die Verstorbenen“ für jene, die „uns vorausgegangen sind mit dem Zeichen des Glaubens“. Schon der hl. Augustin (+430) erwähnt, dass der Leib Christi nur für jene geopfert werde, die Glieder Christi sind. (de or. 1,9) Die ehrw. Katharina Emmerich sagt, dass diejenigen, die sich nicht in der katholischen Kirche befanden, im Fegefeuer abgesondert seien und mehr leiden, wie sie keine Hilfe durch das hl. Messopfer und durch die Gebete der Kirche für die Verstorbenen erlangen.

Zu bemitleiden sind daher die Seelen jener Andersgläubigen, die an kein Fegfeuer glauben und daher ihrer verstorbenen Angehörigen im Gebete nicht gedenken und auch keine guten Werke für sie verrichten, zumal sie diese meistens für überflüssig halten. Ein gutes Werk verrichtet also ein Katholik, der in seinen Gebeten auch der verstorbenen Andersgläubigen gedenkt, die im Fegfeuer sind.

Aus den Aufzeichnungen der Maria Lindmayr, die sich im Archiv des Erzbischöflichen Ordinariates in München und im Archiv der Karmeliten der bayrischen Provinz befinden, entnehmen wir folgende Stelle: „Gott hat mir auch großes Licht gegeben über jene Seelen, die im Leben nicht zur katholischen Kirche gehörten. Gar viele von ihnen sind nicht ewig verloren, sondern zur Seligkeit gelangt, wie sie nicht genügend Verständnis gehabt oder gar unschuldig gewesen sind, weshalb ihnen Gott am Ende ihres Lebens Gnade zu einem Reueakt gegeben hat, der zur Seligkeit genügte, und sie dann in der Gnade Gottes gestorben sind… Es ist mir offenbart worden, dass diese Seelen im Jenseits ganz ohne Hilfe seien. Christus sagte mir bei der hl. Messe: „Ganz recht tust du; dass du für diese Seelen betest.“

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III. Die Freuden der Armen Seelen

Die Armen Seelen im Fegfeuer sind nicht ganz ohne Freude.

1. Viele Arme Seelen werden zuweilen von den hl. Engeln, ja einzelne sogar von der Mutter Gottes getröstet. Die hl. Franziska Romana sagt, dass der Schutzengel die Seele zum Fegfeuer geleite und sie dann öfter besuche und durch seine Gegenwart und Zuspruch tröste; auch gebe er den Hinterbliebenen gute Gedanken ein, damit sie für die Seele des Verstorbenen beten und das hl. Messopfer darbringen lassen, und er trage dann diese Gebete der Gläubigen Gott vor. Und wenn die Zeit der Erlösung da ist, führe der Schutzengel die Seele in den Himmel ein.

Dass die hl. Engel im Jenseits den Verstorbenen zur Seite stehen, bringt die Kirche zum Ausdruck in einem Gebet, das von ihr bei Begräbnissen gebraucht wird: „Mögen dich die Engel ins Paradies einführen, bei deiner Ankunft dich die Märtyrer in Empfang nehmen und dich in die heilige Stadt Jerusalem geleiten. Der Chor der Engel möge dich aufnehmen, und mögest du mit dem einst arm gewesenen Lazarus die ewige Ruhe besitzen!“ (Laut Prager Manuale rituum vom Jahre 1916. S. 116)

Schön bemerkt Prof. Bernhard Bartmann in seiner Schrift „Im Vorhimmel“ (1935 Kevelaer, Butzon und Bercker):

Sie (die Armen Seelen) erhalten von ihren Schutzengeln Mitteilungen aus dem Himmel selbst, über dessen Schönheit, Herrlichkeit und Pracht, besonders von dem überwältigenden Glück der Anschauung Gottes. Und so sagen wir, dass auch im Fegfeuer der Sonnenschein Gottes leuchtet, wenn nicht so hell wie im Himmel, dann doch reiner als uns auf Erden.“ (S. 25)

 

2. Auch die fürbittenden Gebete der Gläubigen auf Erden erfreuen die Armen Seelen.

Diese Gebete sind lindernder Balsam in ihren Leiden und kürzen ihre Strafzeit ab. Suarez und andere Gottesgelehrte sagen, dass die Engel den Seelen im Reinigungsorte mitteilen, wer auf Erden für sie betet. Und sollten auch die Angehörigen auf Erden ihre Toten vergessen, so gehen diese doch nicht ganz leer aus, weil die katholische Kirche täglich beim hl. Messopfer ihrer verstorbenen Glieder gedenkt und oft Gebete für die Verstorbenen verrichtet. Diese Gebete kommen ihnen zugute.

3. Die Armen Seelen stehen im beständigen Gebetsverkehr mit Gott. Bischof Keppler sagt: „Gebet und heilige Gesänge sind die süße Musik, die auch dieses schwermütige Dunkel erhellt.“ (S. 83)

4. Eine ganz besondere Freude haben die Armen Seelen, wenn die eine oder andere Seele aus ihrer Mitte erlöst wird und in den Himmel eingeht. Die ehrw. Katharina Emmerich erklärt: „Es ist nicht zu sagen, welche Freude und welchen Trost die Zurückbleibenden empfinden, wenn Seelen erlöst werden!“

5. Die Armen Seelen sind nicht ohne Hoffnung und freuen sich auf die Freuden des Himmels, die ihnen früher oder später zuteil werden sollen. Sie tragen daher mit Rücksicht auf ihre bevorstehende Erlösung ihre Leiden ebenso geduldig und gottergeben, wie die heiligen Märtyrer ihre Leiden ertragen haben, da diese wussten, dass sie durch ihr Leiden zur himmlischen Seligkeit gelangen.

6. Die Armen Seelen freuen sich auch darüber, dass sie nicht mehr sündigen können und keiner Versuchung zur Sünde mehr unterworfen sind.

Ihr Wille ist eben jetzt mit dem Willen Gottes vollkommen gleichförmig. Deswegen leiden sie mit großer Geduld. Dadurch unterscheidet sich dieser Ort von der Hölle, wo nur Verzweiflung herrscht und Wutausbrüche zu hören sind. Bischof Keppler von Rottenburg schreibt: „Mag auch dieser Ort (das Fegfeuer) hinsichtlich des Schmerzes eine Hölle sein, so ist er doch ein Paradies hinsichtlich der Lieblichkeit, welche die Liebe Gottes in die Herzen der Armen Seelen ergießt!“ (Armenseelenpredigt S. 59)

Die hl. Katharina von Genua (+1510) sagt: „Der Wille der Seelen im Fegfeuer ist dem Willen Gottes gleichförmig; sie nennen ihre Leiden niemals Strafen und halten ihr Leid nie für Strafe. Ruhig und ergeben sind sie in der Anordnung Gottes, die sie aus reiner Liebe willig hinnehmen. Sie erachten es sogar als einen Beweis der großen Barmherzigkeit Gottes, im Fegfeuer zu sein zwecks Austilgung ihrer Makeln, mit denen sie niemals vor der göttlichen Gerechtigkeit erscheinen wollten. Die Armen Seelen könne heilig genannt werden; denn sie sind voll Liebe gegen Gott und brennen weit mehr vor Sehnsucht, das Angesicht Gottes zu schauen und zu genießen, als sie vom Feuer der Pein brennen.“

Maria Lindmayr erklärt: „Die Zufriedenheit der Armen Seelen mit ihren Leiden möchte ich mir und allen Menschen in unseren Leiden und Widerwärtigkeiten wünschen, weil dann die Ungeduld auf Erden niemals zu finden wäre!“ Der Gottesgelehrte Suarez behauptet sogar, dass die Armen Seelen nicht nur mit der größten Geduld leiden, sondern sogar noch eine Zufriedenheit, ja selbst eine unglaubliche Freude in Erduldung ihrer Leiden zeigen. Der hl. Kardinal Bellarmin äußert sich ähnlich: „Die Seelen im Fegfeuer sind nicht in Verzweiflung, denn sie empfinden eine unaussprechliche Freude inmitten ihrer unsäglichen Leiden wegen der sicheren Hoffnung des Heiles!“ Daher heißt es im Memento für die Verstorbenen bei der hl. Messe: „Dormiunt in somno pacis, sie ruhen im Schlummer des Friedens!“

Die ehrw. Katharina Emmerich sagt, dass man den Armen Seelen im Gesicht eine unaussprechliche Freudigkeit anmerke wegen ihrer Erinnerung an die Barmherzigkeit Gottes und an ihre bevorstehende Erlösung. (Spirago, Katharina Emmerich S. 105) Die hl. Katharina von Genua gibt noch einen besonderen Grund dieser Freudigkeit an; sie sagt, dass die göttlichen Gnaden und Gunstbezeugungen Gottes den Armen Seelen gegenüber beständig zunehmen und zwar in dem Maße, als der Rost an ihnen abnimmt; dann kann der Strahl des göttlichen Lichtes in ihre Seele mehr eindringen. Deswegen wird die Freude der Armen Seelen immer größer.

Wenn die Seelen im Reinigunsort mit unaussprechlicher Geduld leiden, mag das hauptsächlich auch daher kommen, weil sie nach Aussage gottbegnadigter Seherinnen beim besonderen Gericht die Majestät Gottes einen Augenblick gesehen hatten.

Die ehrw. Klara Moes sagt: „Die Seele, die ins Fegfeuer kommt, sieht beim besonderen Gericht das Angesicht Gottes; deswegen liebt sie ihn mit dem Gefühl der reinsten und vollkommensten Liebe. Diese weckt in ihr die glühendste Sehnsucht, ihn wieder zu sehen und zu genießen!“ (S. 214)

Die ehrw. Maria Fidelis Weiß (1882-1923), Franziskanerin im Kloster zu Reutberg bei Bad Tölz in Bayern, äußerte sich ähnlich betreffs der Armen Seelen: „Kaum ist die Seele vom Leib geschieden, schaut sie den lieben Gott in seiner Größe und Herrlichkeit. Das dauert nur einen Augenblick. Dann wird sie vom lieben Gott ins Fegfeuer gewiesen, und jetzt beginnt ihr Martyrium. Es bleibt der Seele die Erkenntnis von der Größe Gottes… Die Seele ist nun ganz in den Willen Gottes ergeben und möchte aus dem Fegefeuer nicht heraus, solange sie nicht vollkommen rein ist.“

Wenn jemand von uns in eine vornehme Gesellschaft geladen ist, so zieht er sich rein und sauber an und will keineswegs dort unrein erscheinen. Geradeso verhält es sich mit den Armen Seelen. Sehr willig unterziehen sie sich der Reinigung im Fegefeuer; denn sie wollen in der Gesellschaft der Engel und Heiligen nicht mit der geringsten Makel befleckt erscheinen.

Die sel. Maria Taigi zu Rom (+1837), die 47 Jahre hindurch Tag und Nacht eine geheimnisvolle Sonne vor sich hatte, in der ihr durch Bilder alles Mögliche gezeigt wurde, sah darin die Armen Seelen als beschmutztes Herz oder als verdunkelten Diamanten, während die Heiligen als funkelndes herz oder als hell glänzender Diamant erschienen. (Über die Sonne der Taigi in Spirago, Beispiel-Sammlung, 6.Aufl.S. 151ff.)

Wie aus der soeben erwähnten Vision ersichtlich ist, werden die Seherinnen oft durch Bilder über die armen Seelen belehrt. Was also die Seherinnen in der Vision schauen, ist nicht immer buchstäblich, sondern gewöhnlich nur bildlich aufzufassen. Es verhält sich ähnlich wie z.B. mit der bildlichen Darstellung Gott Vaters. Gott Vater wird bekanntlich auf Bildern dargestellt als ein auf einem Throne sitzender Greis mit langem Bart und einer Krone auf dem Haupt, einem Zepter in der Hand und die Erdkugel unter seinen Füßen. Da Gott ein Geist ist und keine Leib hat, so sollen durch eine derartige Abbildung (wie der Tridentinische Katechismus sagt) nur die Eigentümlichkeiten, bzw. Eigenschaften Gottes versinnbildet werden. Es wird also im Bild nur dargestellt, dass Gott ewig und der Herr Himmels und der Erde ist. Ähnlich verhält es sich mit den verschiedenen Visionen über die Armen Seelen, die ebenfalls geistige Wesen sind und keinen Leib haben.

 Zu Aitrang im Allgäu (beim Bodensee) lebte eine sehr schlichte, aber fromme Bauernfrau namens Veronika Häfele, die dort 1933 im 61. Lebensjahre als Witwe gestorben ist. Diese Frau hatte von Jugend an die Gabe der Visionen, wovon fast niemand in jenem Ort wusste. Unzählige Seelen aus dem Fegfeuer erschienen ihr und baten um ihre Hilfe. Eines Tages kam auch die Seele eines Papstes zu ihr. Der Papst stand auf der Schulter eines Bischofs und dieser auf der Schulter eines Pfarrers, was sich wie eine Leiter ausnahm. Der Papst sprach zu ihr: „Schau meinen Finger an!“ Die Frau sah, dass dort, wo der Papst den Fischerring trägt, statt des Ringes ein Tierchen wie eine kleine Eidechse den Finger zernagte. Der Papst riß beständig das Tier weg, aber es kam sogleich wieder zurück und nagte am Finger weiter. Der Papst sprach, er leide diese Strafe, weil er weltlich gesündigt hatte, und warte auf jene Person die ihn erlösen werde. Veronika sprach zu ihm: „Weil du ein Papst bist, will ich nun eigens für dich beten.“ Ein halbes Jahr hatte sie schon ihre Gebete für den Papst fortgesetzt; da erschien er ihr wieder mit der Monstranz in der Hand und segnete sie damit, woraus die Frau folgerte, dass er nun erlöst sei. Auch aus dieser Papst-Vision ist ersichtlich, dass die Visionen über die Armen Seelen nicht buchstäblich, sondern nur bildlich aufzufassen sind; denn niemand wird für möglich halten, dass der Papst auf der Schulter eines Bischofs und dieser auf der Schulter eines Pfarrers stand. Dadurch sollte nur der hohe Rang des Papstes veranschaulicht werden.

Der hl. Brigitta gab Christus in einer Vision eine Aufklärung folgenden Inhaltes: „Das Geistige erscheint dir nicht so, wie es ist, sondern in leiblicher Gestalt; es wird in Gleichnisse gekleidet, damit es dein Geist fassen kann. Wenn du z.B. die geistige Schönheit der Engel und der Seelen der Heiligen sehen könntest, so würde deine Seele vor Freude zerspringen wie ein zerbrechliches Gefäß. Und wenn du die Teufel so, wie sie sind, erblicken könntest, so würdest du infolge des entsetzlichen Anblickes eines plötzlichen Todes sterben. Daher werden dir die Engel und die Seelen der Heiligen unter dem Bild der Menschheit gezeigt und die Teufel in Gestalt von Tieren und anderen Geschöpfen.“

Aus all dem ist ersichtlich, dass die Visionen über die Armen Seelen nie buchstäblich aufzufassen sind.

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IV. Die Hilfeleistung

1. Wir auf Erden können den Armen Seelen durch Verrichtung guter Werke fürbittweise helfen.

Das Konzil von Trient hat in seiner 22. Sitzung erklärt, dass den im Reinigungsort befindlichen Seelen durch die Fürbitte der Gläubigen, besonders aber durch das hl. Messopfer geholfen werden kann.

Der Tridentinische Katechismus sagt: „Wir müssen die unendliche Güte und Milde Gottes aufs höchste loben und dankend preisen, die gestattet, dass einer für den anderen Genugtuung leisten kann.“  (2,5,76) Die Christen auf Erden, die Seelen im Fegfeuer und die Heiligen im Himmel bilden nämlich zusammen eine einzige große Gottesfamilie, die wir im apostolischen Glaubensbekenntnis „Gemeinschaft der Heiligen“ nennen, da sämtliche Glieder durch die Taufe geheiligt (1. Kor. 6,11) und zur Heiligkeit berufen sind (1. Thess. 4,3) und viele von ihnen bereits vollkommen heilig sind. Alle Glieder dieser Gemeinschaft können sich gegenseitig helfen. Daher können wir auf Erden den Seelen im Fegfeuer durch Gebet und gute Werke Hilfe bringen. Die guten Werke sind, wie der hl. Cyprian sagt, das Lösegeld für unsere Sünden.

Der hl. Augustin erklärt: „Das Gebet ist der Schlüssel, wodurch wir den Armen Seelen die Himmelspforte öffnen.“ Wie sehr unser Gebet den Verstorbenen nützt, ersehen wir aus einem Vorfall aus dem Leben der hl. Perpetua, die im Jahre 202 zu Karthago (Nordafrika) als Märtyrerin starb. Wie sie in einem Brief mitteilte, hatte sie im Gefängnis folgendes Traumgesicht. Sie sah ihren verstorbenen siebenjährigen Bruder Diokrates an einem finsteren Ort, ganz beschmutzt und vor Durst lechzend. Als die hl. Perpetua erwachte, begann sie eifrig für ihren Bruder zu beten. In einer der folgenden Nächte sah sie ihn wieder im Traum, aber schon bei einer Quelle, aus der er trinken konnte; er sah schon heiter und vergnügt aus, nur hatte er im Gesicht noch eine Narbe. Dadurch war ihr zu verstehen gegeben worden, dass ihr Gebet dem Bruder genützt habe. Obgleich in der Regel auf Träume nichts zu geben ist, so gibt es Fälle wie z.B. die Träume des ägyptischen Josef, die zeigen, dass manche Träume Gott zum Urheber haben. Daher sprach Gott zu Moses, dass er zu den Propheten auch im Traum rede. (4. Mos. 12,6)

Was das Gebet anbelangt, so schaut Gott nicht so sehr auf die Länge als vielmehr auf die Inbrunst. Christus sprach zur hl. Gertrud: „Ein einziges Wort, vom Grunde des Herzens gesprochen, hat mehr Kraft und Wirksamkeit zur Erlösung der Armen Seelen als das Hersagen einer Menge von Psalmen und Gebeten ohne Andacht, gleichwie man auch die beschmutzte Hand durch Abreiben mit wenig Wasser besser reinigt als durch Übergießen mit vielem Wasser.“

Eine größere Kraft als das Gebet hat das Almosen. Der hl. Thomas von Aquin sagt, es habe deswegen eine größere genugtuende Kraft, weil es ein Akt der Nächstenliebe ist. Es erfüllt sich da das Wort der Heiligen Schrift: „Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht.“ (Jak.2,13) Auch das Fasten, da es beschwerlich ist, ist wirksamer als das Gebet.

Den Armen Seelen können wir auch durch Gewinnung von Ablässen helfen. Bei manchen Ablässen erklärt die Kirche ausdrücklich, dass sie auch den Armen Seelen zugewendet werden können. Doch geschieht diese Zuwendung nicht infolge der Lösegewalt der Kirche, wie es z.B. bei der Lossprechung im Beichtstuhl der Fall ist, sondern nur fürbittweise, d.h. die Kirch wendet sich bittend an Gott, er möge den Verstorbenen gnädig sein mit Rücksicht auf die dargebrachte religiöse Handlung. Über die Verstorbenen hat die Kirche keine Gewalt mehr, daher kann sie sich für diese nur bittend an die Barmherzigkeit Gottes wenden.

Viele Ablässe können wir den Armen Seelen am Allerseelentag, dem 2. November, gewinnen. Wenn man da nach Beicht und Kommunion eine Kirche besucht und daselbst die vorgeschriebenen Gebete betet, erlangt man einen den Armen Seelen zuwendbaren vollkommenen Ablass.

Die Zeit zur Gewinnung des Ablasses beginnt schon am 1. November um 12 Uhr mittags und dauert bis zum 2. November um 24 Uhr, also 36 Stunden. (Hl. Offiz. 26.1.1911) Die hl. Beichte kann man schon wie beim Portiunkula-Ablass an einem der acht dem Ablasstag vorhergehenden Tage verrichten, und die hl. Kommunion kann man am Tag vor Allerseelen empfangen. (Kongr. Abl. 6101870)

Ganz besonders nützt, wie das Konzil von Trient in seiner 25. Sitzung erklärt hat, den Armen Seelen das hl. Messopfer. Dieses ist deswegen sehr wirksam, wie bei der hl. Messe der Opfertod Christi in unblutiger Weise erneuert wird.

Daher war seit den ältesten Zeiten bei der hl. Messe das Memento für die Verstorbenen. Der hl. Chrysostomus (+407). Bischof von Konstantinopel, erwähnt, dass bei der Feier der gottesdienstlichen Geheimnisse der Verstorbenen gedacht werde, damit ihnen „dadurch eine Linderung zuteil werde.“ (hom. 41 in 1. Cor.) Auch sagt er, dass von den Aposteln die Anordnung getroffen worden ist, dass bei der Feier der Geheimnisse der Verstorbenen gedacht werde. (hom. 3 in Phil.) Der hl. Cyrill, Bischof von Jerusalem (+389), schreibt, dass die Christen bei der hl. Messe „Gott sowohl für die toten als auch für sich versöhnen.“ (Cat. Myst. 5)

Wie sehr das hl. Messopfer den Verstorbenen hilft, ersehen wir aus einem Vorfall aus dem Leben des hl. Malachias,  Erzbischof zu Armagh in Irland, der im Kloster des hl. Bernhard zu Clairvaux am 2. November 1148 gestorben ist. Der hl. Bernhard erzählt darüber folgendes: Als die Schwester des hl. Malachias gestorben war, opferte dieser für sie das hl. Messopfer auf. Hierauf vergingen 40 Tage, an denen es dem hl. Erzbischof unmöglich war, für seine Schwester das hl. Messopfer darzubringen. Da erschien ihm diese plötzlich, sie stand vor der Kirchentür in einem elenden Zustand mit flehentlicher Gebärde. Sie jammerte, dass sie schon 40 Tage keinen Trost mehr empfangen habe. Schon am nächsten Morgen opferte der hl. Malachias die hl. Messe für seine Schwester auf. Diese erschien ihm abermals in einem schwarzen Kleid vor der Kirchentür und befand sich nicht mehr in dem früheren elenden Zustand. Wiederholt brachte der Erzbischof das hl. Opfer für seine Schwester dar. Bald darauf sah er sie wieder; sie trug schon ein lichtes Kleid und stand in der Kirche. Nachdem der Heilige noch mehrmals das hl. Messopfer für sie dargebracht und inbrünstig um ihre Erlösung gebetet hatte, erschien sie ihm plötzlich in einem hellstrahlenden Gewand unmittelbar vor dem Tabernakel, umgeben von verklärten Gestalten, woraus der Heilige erkannte, dass nun seine Schwester in den Himmel eingegangen sei.

Auch die Aufopferung des kostbaren Blutes Christi ist ein sehr wirksames Mittel, den Armen Seelen zu helfen. Die ehrw. Klara Moes, Priorin zu Luxemburg (+1895), sagt: „Je öfter ich dem himmlischen Vater das kostbare Blut seines eingeborenen Sohnes aufopferte, desto erträglicher und erquicklicher wurde die Lage der Armen Seelen. Es war gewöhnlich der Fall, dass die Seele, für die ich das kostbare Blut Christi aufgeopfert hatte, dann gemäß unserer Zeitrechnung wenigstens eine Viertelstunde von den Schmerzen des Fegfeuers frei blieb. War diese leidenslose Zeit vorüber, so wurde sie wieder von den Schmerzen des Fegfeuers ergriffen, ohne dass diese sich jedoch vermehrten, im Gegenteil, bei manchen waren sie geringer.“

Ganz besonders nützt es auch den Armen Seelen, wenn man für sie die hl. Kommunion aufopfert. Die ehrw. Klara Moes sagt: „So weit ich Erfahrung machte, sind die hl. Messe, die hl. Kommunion und die Aufopferung des kostbaren Blutes Christi die wirksamsten Mittel, den Armen Seelen zu helfen.“ (S. 196) Barbara Pfister (+1909) behauptet, dass auch das Rosenkranzgebet eines der besten Mittel sei, um den Verstorbenen zu helfen, denn diesem gebet könne die Mutter Gottes nicht widerstehen. (Konners. Jahrb. 1928. S. 21)

Manche Menschen meinen irrtümlicherweise, dass sie ihre Verdienste vor Gott verlieren, wenn sie ihre guten Werke für andere, z.B. für die Armen Seelen, aufopfern. Dem ist aber nicht so; sie verlieren durchaus nichts, sondern haben sogar ein doppeltes Verdienst: zunächst haben sie ein gutes Werk vollbracht, und ferner haben sie durch Zuwendung dieses guten Werkes noch ein Werk der Barmherzigkeit verrichtet, abgesehen davon, dass sie sich außerdem die Armen Seelen zu Freunden gemacht haben, die dann für sie bitten werden, besonders wenn sie im Himmel sein werden. Man beachte auch die Worte des hl. Thomas von Aquin: „Wenn jemand Buße für einen anderen verrichtet, so ist diese Genugtuung Gott wohlgefälliger, als wenn er sie für sich selbst verrichtet hätte.“

Christus sieht das Almosen für die Armen Seelen so an, als ob es ihm erwiesen worden wäre, denn er hat gesagt: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt. 25,40) Zur hl. Gertrud sprach Christus, dass, wenn wir Seelen aus dem Fegfeuer befreien, es ihm ebenso angenehm sei, als wenn wir ihn erlöst hätten.  Der hl. Franz von Sales sagt, dass derjenige, welcher den Armen Seelen hilft, nicht nur Betrübte tröste, Kranke pflegt, Gefangene aus dem Kerker befreit, sondern auch Gastfreundschaft übt, wenn er ihnen den Eingang in das Haus des himmlischen Vaters öffnet, und dass er auch Nackte bekleidet, wenn er dafür sorgt, dass die Armen Seelen mit dem Gewand unsterblicher Herrlichkeit bekleidet werden.

Maria Lindmayr berichtet: „Ich habe Kenntnis von Gott erhalten, dass durch die Liebe gegen die Armen Seelen dem lieben Gott ein sehr großes Wohlgefallen erwiesen wird, weil ihm diese Seelen sehr am Herzen liegen und weil sie auch die ärmsten sind und sich selbst nicht helfen können.“

Christus ermahnte die Ordensschwester Marie Lataste, für die Armen Seelen zu beten, und fügte bei: „Du kannst nichts tun, was für dich selber vorteilhafter wäre; denn diese Seelen werden im Himmel deiner Barmherzigkeit eingedenk sein und unaufhörlich für dich beten, auf dass du von Gott jene Gnaden erlangst, die notwendig sind, um beständig im guten vorwärts zu schreiten.“ (III. 12,6)

Wenn wir für die Armen Seelen im allgemeinen beten, können wir uns der Hoffnung hingeben, dass der liebe Gott dieses gebet vor allem unseren Angehörigen und Freunden zuwenden wird.

Oft ist schon darüber gestritten worden, ob es besser und notwendiger sei, um die Bekehrung der auf Erden lebenden Sünder zu beten oder um die Erlösung der Armen Seelen.

 Einige sagen: Die Sünder werden ewig verloren gehen, falls sie von Gott nicht die zu ihrer Bekehrung notwendigen Gnaden erhalten, während die Armen Seelen im Fegfeuer der Gefahr der ewigen Verdammnis bereits entgangen sind. Deswegen brauche die Sünder dringender unsere Gebetshilfe. Andere wieder sagen: Die Sünder können sich selbst helfen, indem sie einfach von ihrem Sündenleben ablassen, während die Seelen im Reinigungsort sich selbst nicht helfen können und auf unsere Hilfe angewiesen sind.

Der hl. Thomas von Aquin entscheidet diese Streitfrage in folgender Weise: „Die Fürbitten für die Verstorbenen sind Gott wohlgefälliger als die Fürbitten für die Sünder, weil sich erstere in größerer Not befinden und sich nicht selbst helfen können.“ Folgender Rat wäre wohl der beste: Man bete für die Armen Seelen mit dem Wunsch, dass dann diese sich bei Gott für die Bekehrung der Sünder einsetzen.

Empfehlenswert sind folgende mit Ablässen verbundene Stoßgebete für die Verstorbenen:

„Milder Herr Jesus, gib ihnen (ihm/ihr) die ewige Ruhe!“

„Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen“ Lass sie ruhen in Frieden. Amen!“ (Pius XI. 1.12.1933)

Wer den Friedhof besucht und dort mündlich oder innerlich für die verstorbenen betet, kann täglich für die Verstorbenen einen Ablass gewinnen; und wer dies in der Oktav von Allerseelen (1.-8.Nov.) tut, kann täglich für die Verstorbenen einen vollkommenen Ablass unter den gewöhnlichen Bedingungen gewinne. (Pius XI. 1934)

Für die Anrufung der heiligen Namen Jesus, Maria und Joseph wird auch ein Ablass gewährt.

Den Seelen im Fegfeuer kann viel geholfen werden durch den heldenmütigen Liebesakt. Dieser besteht darin, dass jemand das genugtuende Verdienst aller vollbrachten guten Werke zugunsten der Seelen im Fegfeuer aufopfert. Der heroische Liebesakt kann auch widerrufen werden. (Ablass-Kongr. 20.2.1907) Wenn man nach Meinung des Hl. Vaters zu beten hat, genügt es, wenn man ein Vaterunser, Ave Maria und Ehre sei Gott verrichtet. (Hl. Pönit. Ap. 20.9.1933) Leider ist das Ablasswesen geändert worden.)

Nach dem kirchlichen Gesetzbuch (Can. 994) können alle von den Päpsten bewilligten Ablässe den Seelen im Fegfeuer zugewendet werden, falls nicht eine andere Entscheidung vorliegt.

 

2. Wer auf Erden den Seelen im Fegfeuer viel geholfen hat, der wird dereinst im Fegfeuer weniger oder vielleicht gar nichts zu leiden haben.

 

Ein solcher wird bei Gott Barmherzigkeit finden zufolge der Worte Christi: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“ (Mt. 5,7) An ihm werden auch die Worte wahr werden: „Mit dem Maße ihr messt, mit dem wird euch zurückgemessen werden“. (Mt. 7,2) Dem Wohltäter der Armen Seelen werden nach seinem Tod die Gebete der Kirche für die Verstorbenen in ganz besonderer Weise zugute kommen. Für ihn werden sich nach seinem Tod auch die Armen Seelen, die bereits in den Himmel gekommen sind, bei Gott mächtig verwenden, denn diese Seelen kennen keinen Undank, wie das oft auf Erden der Fall ist.

 Jene aber, die der Armen Seelen nie gedenken und die Verstorbenen ganz vergessen, werden gleichsam zur Strafe nach ihrem Tod auch vergessen werden, und niemand wird sich ihrer im Gebet erinnern. Und falls Gebete für sie stattfinden sollten, werden ihnen diese wenig nützen. Kardinal Kajetan sagt: „Denen, die in diesem Leben der Verstorbenen vergessen, werden dereinst im Fegfeuer die Gebete und guten Werke, die von anderen für sie dargebracht werden, nichts fruchten. Auf solche Weise pflegt Gottes Gerechtigkeit deren frühere Unbarmherzigkeit und Herzenshärte zu strafen.“

 

 

3. Die Armen Seelen werden sich ihren Wohltätern dankbar erweisen.

 

Manche meinen, die Armen Seelen wissen nicht, was auf Erden vorgeht, und wissen daher auch nicht, „wer für sie betet“.  Diese Ansicht vertritt sogar der hl. Thoma von Aquin (2,2,83,11), der behauptet, dass die Seelen im Fegfeuer, weil sie nicht die Anschauung Gottes genießen, nicht wissen, was wir auf Erden machen. Diese Ansicht ist jedenfalls irrig. Schon der hl. Augustin sagt, dass die Armen Seelen infolge göttlicher Offenbarung wissen können, was auf Erden geschieht, insofern dieses Wissen für sie nützlich ist. (de cura pro mort.) Suarez und andere Gottesgelehrte meinen, dass die Engel den Verstorbenen mitteilen, wer auf Erden für sie betet und was auf Erden in ihren Familien vorgeht. Pater Paul von Moll behauptet sogar: „Die Armen Seelen im Fegfeuer vernehmen die Streitigkeiten ihrer Familienangehörigen auf Erden, und diese Kenntnis vermehrt ihre Leiden.“

Bischof Keppler von Rottenburg sagt, es sei trotz der gegenteiligen Meinung des hl. Thomas von Aquin die allgemeine Ansicht der Theologen, dass die Armen Seelen für die Auf Erden lebenden Wohltäter und Freund Fürbitten (Arm.S.Predigt, S. 83), demnach manches wissen müssen, was auf Erden vorgeht.

Der hl. Pfarrer von Ars erklärt: „Wenn man wüsste, welche Macht diese guten Armen Seelen über das Herz Gottes haben, und wenn man wüsste, welche Gnaden man durch ihre Fürbitte erlangen kann, wären sie nicht so sehr vergessen. Man muss viel für sie beten, damit sie viel für uns beten.“ Der hl. Kardinal Bellarmin und Suarez behaupten, dass die Armen Seelen mit Großem Erfolg für die auf Erden Lebenden fürbitten können; denn sie sind Freund Gottes, weshalb ihr fürbittendes Gebet bei Gott Berücksichtigung findet. (Für sich selbst aber, also für die Abkürzung oder Verminderung ihrer Leiden würden sie vergebens bitten, weil sie ihre Schuld vollkommen abtragen müssen.)

Die ehrw. Priorin Klara Moes behauptet: „Die Armen Seelen vermögen als Gerechte und Freunde Gottes schon während ihres Verweilens im Fegfeuer und noch mehr nach ihrer Aufnahme in den Himmel viel durch ihre Fürbitte für ihre edlen Wohltäter.“ (S. 217)

Dass die Armen Seelen für ihre Wohltäter beten, behauptet die ehrw. Katharina Emmerich; sie sagt: „Was jemand für die Armen Seelen tut, betet oder leidet, kommt ihnen sogleich zugute, und sie sind dann so froh, so selig und dankbar. Wenn ich meine Schmerzen für sie aufopfere, so beten sie für mich.“ (Schmöger 1, 77)

Pater Paul von Moll erwähnte, dass sich die Seelen, die durch sein Gebet aus dem Fegfeuer erlöst worden sind, bei ihm bedankten.

 

4. Durch Anrufung der Armen Seelen können wir von Gott Hilfe in unseren Anliegen erlangen.

Die hl. Katharina von Bologna (+1463), deren Leib in der Kirche der Klarissinnen zu Bologna in Italien unversehrt ist, hat erklärt. „Oft habe ich das, was ich durch Anrufung der Heiligen im Himmel lange nicht habe erhalten können sogleich erlangt, wenn ich meine Zuflucht zu den leidenden Seelen im Fegfeuer genommen habe.“ Sie sagt auch: „Wenn ich eine Gnade sicher erlangen will, wende ich mich an die Armen Seelen, damit sie meine Bitte unserem himmlischen Vater vortragen. Gewöhnlich fühle ich es, dass ich ihrer Fürsprache die Erhörung verdanke.“

Maria Lindmayr gibt den Grund an, warum das Gebet zu den Armen Seelen so erfolgreich ist; sie sagt: „Wenn man die Armen Seelen um Hilfe bittet, wird man bald erhört. Dies kommt nicht etwa davon, als ob uns die Armen Seelen erhört hätten, sondern weil uns Gott erhört wegen seiner Liebe zu den Armen Seelen; denn Gott liebt diese so sehr.“

Nachfolgender Fall soll als Beweis dienen, welch großen Nutzen die Barmherzigkeit gegen die Armen Seelen bringen kann. Der Jesuit Jakob Montfort hatte im Jahre 1649 bei dem Buchdrucker Wilhelm Frießen in Köln ein Büchlein drucken lassen, das über die Armen Seelen handelte und die Menschen zur Barmherzigkeit gegen sie anregen sollte.

Der Buchdrucker las an den Sonntagen häufig darin. In dem Büchlein war die Behauptung aufgestellt, dass die Anrufung der Armen Seelen und die Barmherzigkeit gegen sie eines der besten Mittel sei, um von Gott die Erhörung des Gebetes zu erlangen. Nach einiger Zeit erkrankte das vierjährige Söhnchen des Buchdruckers so schwer, dass die Ärzte alle Hoffnung aufgaben und den Vater bereits auf den bevorstehenden Tod des Kindes vorbereiteten. Der Buchdrucker begab sich nun in die Kirche und rief dort die Armen Seelen an, für die er viele Gebete verrichtete; auch legte er dort das Gelübde ab, dass er hundert der genannten Büchlein an Geistliche und Klöster unentgeltlich verteilen werde, falls sein Kind wieder gesund wird. Uns siehe! Als der Vater aus der Kirche nach Hause kam, hatte sich das Befinden des Knaben bedeutend gebessert; das Kind, das 14 Tage lang Ekel an allen Speisen hatte, verlangte zu essen und schon am folgenden Tage war es so gesund, als hätte ihm nie etwas gefehlt.

Drei Wochen darauf erkrankte plötzlich auch die Frau des Buchdruckers, und ihr Zustand verschlimmerte sich so sehr, dass gar keine Aussicht auf Besserung mehr vorhanden war. In seiner Bedrängnis nahm der Mann wieder zu den Armen Seelen seine Zuflucht, eilte in die Kirche und legte dort das Gelübde ab, er werde 200 der genannten Büchlein austeilen, wenn seine Frau wieder gesund würde. Auch diesmal half die Anrufung der Armen Seelen wunderbar. Das Befinden der Frau besserte sich zusehends, und schon nach acht Tagen war sie ganz munter. Der Buchdrucker machte hierauf den Verfasser des Buches von diesen zwei auffallenden Gebetserhörungen Mitteilung, wodurch dieser Fall bekannt wurde. (Spirago, Beispiel-Sammlung, Nr. 580)

Der belgische Wundertäter Pater Paul von Moll (+1896) gab einer Dame folgenden Rat: „Will man blühende Geschäfte machen, so braucht man nur einen Teil, wir wollen sagen zwei Prozent der Einnahmen oder des Gewinnes, zur Befreiung der Armen Seelen im Fegfeuer aufopfern. Mit dem Geld lasse man hl. Messen lesen oder verrichte andere gute Werke für die Armen Seelen. Diese können alles für ihre Wohltäter erlangen.“ Diese Dame befolgte den Rat und war dann mit ihren Geschäftserfolgen höchst zufrieden.

Es ist sehr zu loben, wenn fromme Eltern ihre Kinder schon frühzeitig anleiten, der Seelen im Fegfeuer zu gedenken. Der Redemptorist P. Johann Ullwer, der 1914 zu Budweis auf der Kanzel bei Nennung des Namen Jesus starb, hatte eine fromme Mutter, die es verstand, ihre Kinder schon in frühester Jugend zur Selbstüberwindung und gleichzeitig auch zur Liebe zu den Armen Seelen im Fegfeuer anzuleiten.

Wenn die Kinder in den Wald gingen, um Beeren zu pflücken, so wurde ihnen von der Mutter aufgetragen, die erste reife und schönste Beere auf die Erde niederzulegen; denn „sie gehört den Armen Seelen“. Die Kinder sollten diese Opfer der Selbstüberwindung in der frommen Absicht darbringen, dadurch den Armen Seelen zu helfen. Auch die erste reife Kirsche, Zwetschge, Birne, Apfel sollten sie aus demselben Grund nicht essen. Die Mutter lehrte die Kinder, dass die Verstorbenen, die stets auf unsere Hilfe warten, dieses Opfer reichlich belohnen werden; sie werden ihnen behilflich sein, dass sie sich auf dem Weg über Feld und Wald nicht verirren, dass sie nichts vergessen, keine Sache verlegen und die verlorene bald finden, auch dass sie uns, wenn man sie bittet, sanft und leise aus dem Schlafe wecken zu einer Stunde, die man ihnen angibt. Johann Ullwer befolgte gewissenhaft die frommen Lehren seiner Mutter und erhielt von Gott den Beruf zum Priester- und Ordensstand; er war ein Muster der Selbstbeherrschung und brachte es zu hohen Tugenden. (Seine Lebensgeschichte erschien in der bischöfl. Buchdruckerei in Budweis. Seite 55.)

Die ehrw. Katharina Emmerich sagt: „Es ist nicht auszusprechen, welch großen Trost die Armen Seelen durch unsere Überwindungen und kleinen Opfer erhalten.“ Der hl. Augustin sagt: „Willst du, dass sich Gott deiner erbarme, dann erbarm dich deines Nächsten im Fegfeuer!“ Auch vertritt er die Ansicht, dass derjenige, welcher oft für die Verstorbenen gebetet hat, keines bösen Todes sterben werde. Der hl. Hieronymus behauptet: „Wir sind der ewigen Seligkeit um so viel näher, je mitleidiger und gütiger wir gegen die Armen Seelen sind.“

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V. Wo ist das Fegfeuer?  

1. Nach Ansicht der Gottesgelehrten befindet sich das Fegfeuer unter der Erde.

Der hl. Thomas von Aquin sagt, das Fegfeuer sei ein tiefer, unterirdischer Ort. Und der hl. Kardinal Bellarmin behauptet, das Fegfeuer befinde sich im Innern der Erde.

Man beachte auch die verschiedenen Gebete der Kirche, z.B. „Herr Jesus, König der Herrlichkeit, erlöse die Seelen der verstorbenen Gläubigen von den Strafen der Hölle und vom tiefen Abgrund!“ Man betrachte das bei Begräbnissen übliche Gebet: „A porta inferi…, Aus dem Reich der Unterwelt befreie ich, o Herr“ und „De profundis… Aus der Tiefe rufe ich zu dir, o Herr!“ Auffallenderweise nannten schon die Juden das Totenreich „Unterwelt“ (Scheol, Grube), wohin „die Toten hinabsteigen“. (Ps. 113,25) Katharina Emmerich sagt: „Ich sah den Reinigungsort. Ich wurde in einen tiefen Abgrund geführt in einen großen Rau.“

Die Heiligen sehen die Armen Seelen bei ihrer Erlösung aus der Tiefe der Erde hervorgehen. Die hl. Theresia erzählt in ihrer Selbstbiographie (38) folgenden Vorfall. Eines Tages erfuhr sie vom Tode eines Mönches, der Provinzial gewesen war und der hl. Theresia zu Lebzeiten große Dienste geleistet hatte. Obgleich die Heilige wusste, dass er ein Mann von großer Tugend war, ängstigte sie sich doch für das Heil seiner Seele, weil er 20 Jahre hindurch Ordensoberer war; sie fürchtete nämlich immer für jene, denen die Leitung der Seelen übertragen ist. Die hl. Theresia begab sich darauf ins Oratorium und beschwor den Heiland, das wenige Gute, das sie in ihrem Leben getan habe, der Seele dieses Mönches zuzuwenden und das Übrige aus seinen unendlichen Verdiensten zu ersetzen, damit die Seele bald aus dem Fegfeuer befreit werde. In diesem Augenblick sah sie die Gestalt jenes Mönches aus der Tiefe der Erde hervorkommen und sich mit unaussprechlicher Freude zum Himmel emporschwingen. Obwohl der Mönch sehr alt war, erschien er wie ein junger Mann von kaum dreißig Jahren im Antlitz, das von blendendem Licht erstrahlte. Einige Zeit darauf erhielt sie genau briefliche Nachricht über den erbaulichen Tod jenes Mönches. (Siehe Spirago, Über die sog. Anzeichen, S. 115.)

Bemerkenswert sind auch die Worte der ehrw. Katharina Emmerich über die Hölle; sie sagt: „Tief unter dem Fegfeuer gegen den Mittelpunkt der Erde hin befindet sich die Hölle.“ Auch behauptet sie, dass sich auf dem Mond und auf den Gestirnen keine Seelen der Menschen befinden. (II. 474)

 

2. Manchen Seelen wird ein anderer Ort angewiesen, z.B. ein Ort auf der Erde.

Die Seher, beziehungsweise Seherinnen, behaupten, dass manche Seelen an gewisse Orte der Erde gebannt sind, gewöhnlich an Orte, die mit ihren Sünden in Zusammenhang stehen. Die ehrwürdige Dienerin Gottes Klara Moes, Priorin zu Luxemburg, sagt, dass die Seelen jener lauen Christen, die an Sonntagen der hl. Messe fernblieben, oft nach dem Tode jahrzehntelang vor der Tür der Pfarrkirche verweilen und dort ihr Fegfeuer abbüßen müssen. Manche Seelen seien verurteilt, 50,60,70, sogar über hundert Jahre ihr Fegfeuer vor der Pfarrkirche zu erdulden. (Spirago, Beispiel-Sammlung, 6. Aufl. S. 220)

 

Therese Neumann sah einen Pfarrer, der an Schlagfluss gestorben war und schon 30 Jahre im Fegfeuer litt und an sein Pfarrhaus gebannt war. (Lama, Konnersr. Jahrbuch 1930, S. 62) Auch behauptet sie, dass manche Seelen an jenem Orte leiden, wo sie gestorben sind oder wo sie gesündigt haben. (Konners. Jahrbuch 1928, 2. 21)

Die ehrw. Franziska vom hl. Sakrament erfuhr von der Seele eines Edelmannes, der in seinem Grab büßen musste; auch erfuhr sie von einem Richter, der im Gefängnis zu Pamplona büßen musste, wie durch dessen Schuld Unschuldige dort eingeschlossen waren. Auch erschien ihr eine Mitschwester und teilte ihr mit, sie müsse in ihrer Zelle oder in jene Häuser, wo sie früher in der Welt gelebt und gesündigt hatte, oder auch im Chor büßen.

Der ehrw. Bernhard Colnago S.J. erblickte zu Rom eine Seele, die schon 43 Jahre lang auf einer Straße Roms Strafe litt. Katharina Emmerich sah auch einzelne Seelen, die in einer Höhle oder in einer Grube lagen, oft auch mehrere zusammen in einem abgeschlossenen Raum. Eines Tages sah sie die Seele eines englischen Heerführers, der einst in einem Krieg gegen Frankreich arg gewütet hatte und viele Grausamkeiten sich hatte zuschulden kommen lassen; er war auf einem Berg an einer Kette angeschmiedet und erklärte, ihm könnte durch das hl. Maßopfer geholfen werden, so dass ihm viel früher die Erlösung zuteil würde.

Marina von Escobar behauptet, dass manche Seelen, die der Erlösung nahe sind, im Gotteshaus verweilen dürfen. In der Lebensgeschichte der ehrw. Klara Moes lesen wir, dass sie im Gotteshaus zwei Reihen von Geistern gesehen hat, die auf ihre Erlösung harrten. Pater Paul von Moll sagt, dass einer großen Anzahl von Seelen erlaubt werde, die Zeit vor ihrer Erlösung vor dem allerheiligsten Altarssakrament in der Kirche zuzubringen. (S. 151)

 

Über die Beschaffenheit des Fegfeuers berichtet die hl. Franziska Romana (+1440) folgendes: Es gibt drei Regionen des Reinigungsortes. Die unterste ist der Hölle am nächsten wo auch die Teufel Zutritt haben. Dasselbe behaupten auch die hl. Brigitta, Mechthild von Magdeburg, Katharina Emmerich und andere. Auch die stigmatisierte Barbara Pfister behauptet, dass böse Geister in jenen der Hölle nächst gelegenen Teil des Fegfeuers eindringen (Molz, s.163), um die Seelen zu schrecken und zu verhöhnen.

Jene Seelen, welche geringere Strafe verdient haben, befinden sich in der mittleren Region. Hier haben die Teufel keinen Zutritt mehr. Hierher kommen später auch die Seelen aus der unteren Region. Auch Katharina Emmerich sagt, dass die Seelen mit der Zeit zu gelinderer Strafart übergehen, z.B. von der Einkerkerung zur Gemeinschaft, aus der Finsternis in trüben Nebel und später zu immer größerem Licht, wohin schon die heiligen Engel kommen und die Armen Seelen erfreuen. Das wäre also die dritte, die oberste Region. Die hl. Brigitta sagt, es gebe drei Stufen, beziehungsweise drei Orte im Fegfeuer. Der unterste Ort befindet sich in der Nähe des höllischen Abgrundes; dort herrscht die größte Pein. Die Seelen daselbst gleichen einem Menschen auf Erden, der eine schwere Krankheit überstanden hat und nun seiner vollkommenen Genesung entgegengeht. Man kann diesen Zustand einen Zustand der Schwäche oder Erschöpfung nennen. Darüber liegt die dritte Region, wo keine fühlbare Pein mehr besteht, sondern nur eine Art Sehnsuchtsfeuer, die Sehnsucht nach Gott, vorhanden ist. In diesen dritten Ort kommen die meisten Menschen nach ihrem Tod.

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VI. Dauer des Fegfeuers 

1. Die Dauer der Leiden im Fegfeuer richtet sich nach der Art und Große der Sünden.

Aus Privat-Offenbarungen erfahren wir darüber folgendes:

Am längsten und am schwersten leiden hartherzige Menschen, wogegen weichherzige Menschen bald aus dem Fegfeuer befreit werden. Die hl. Margareta Maria Alacoque zu Paray-le-Monial (+1690), durch die bekanntlich der Heiland die Herz-Jesu-Andacht in der Welt verbreiten ließ, sah zwei Personen im Fegfeuer, die in der Welt in hohem Ansehen gestanden waren, die aber einige Familien ungerecht behandelt und ins Elend gestürzt hatten. Diese hohen Personen wurden zu sehr langen Fegfeuerqualen verurteilt. Alle Gebete und Messopfer, die von den Verwandten nach dem Tod für ihr Seelenheil dargebracht wurden, wandte Gott jenen unglücklichen Familien zu, deren Verwandte infolge ihrer Armut kein hl. Messopfer hatten darbringen lassen könne.

Der Seelenführer der stigmatisierten Barbara Pfister (+1909) zu Speyer erzählt, er habe ihr einmal aufgetragen, sie solle jene Arme Seelen, die ihr am nächsten Morgen zuerst erscheinen werde, nach ihrem Namen fragen und ihr mitteilen, dass er am 21. Dezember für sie das hl. Messopfer darbringen werde. Barbara Pfister gehorchte und erhielt folgende Antwort: „Ich bin die Schwester Luzia, einst Oberin in diesem Haus. Wegen zu großer Strenge am unrechten Platz muss ich noch immer im Fegfeuer bleiben. Alles, was bis jetzt für mich an Genugtuung geleistet wurde, hat der gerechte Gott anderen zugewendet.“ Der Beichtvater der Barbara Pfister staunte, als er das Vorgefallene erfuhr, weil die Oberin Luzia vor zwölf Jahren (am 15. Februar 1885) im Rufe der Heiligkeit verstorben war.

 

Auch jenen, die ihre Lebensbesserung bis zu ihrem Lebensende verschieben, ergeht es schlecht nach ihrem Tod. Dem sel. Dominikaner Heinrich Suso (+1365), der viele Offenbarungen hatte, teilte der liebe Gott unter anderem folgendes mit: „Es gibt Menschen, die Gott so erzürnt haben, dass sie bis zum jüngsten Tag im Fegfeuer leiden müssen, so dass sie nicht unterscheiden können, ob sie in der Hölle oder im Fegfeuer seien. Das sind die frevelhaften Sünder, die ihre Besserung bis an ihr Lebensende verschieben und denen dann vor dem Sterben eine kleine Reue zuteil wird. Über diese ist Gott so erzürnt, dass er von ihnen nichts wissen und ihrer nicht gedenken will und auch nicht will, dass seine Freunde für sie bitten.“ Also verschiebt Gott ihre Begnadigung ebenfalls bis ans Ende. Es erfüllt sich hier der Spruch: „Wie du sündigst, so wirst du gestraft.“

Schon der hl. Cyprian (+258), Bischof von Karthago behauptete, dass einige Seelen bis ans Ende der Welt im Fegfeuer bleiben müssen. Auch Pater Paul von Moll (+1896) sagt: „Es gibt Seelen die verurteilt sind, bis ans Ende der Welt im Fegfeuer zu bleiben.“

Dass es im Fegfeuer Abteilungen gibt, wo die Seelen der Fürbitte beraubt sind, bestätigt die ehrw. Dienerin Gottes Canori Mora zu Rom (+1825). Auch die stigmatisierte Barbara Pfister zu Speyer behauptet dasselbe. Ihr erschien ein protestantischer Fabrikant aus Speyer, der sich beklagte, er sei in einer Abteilung, wo nur Leiden seien und keine Hilfe zuteil werde. (Molz, 5.31)

 

Der hl. Beda (+735) erzählt folgende Begebenheit, die sich zu seiner Zeit zugetragen hat. Ein braver Engländer namens Drithelm starb eines Abends nach langwieriger Krankheit. Doch am anderen Morgen kehrte er plötzlich ins Leben zurück und richtete sich zum Schrecken der Anwesenden auf. Die liefen davon, nur seine Frau hatte den Mut zu bleiben. Ihr erzählte nun Drithelm, er sei wirklich gestorben und nun von Gott ins Leben wieder zurückgerufen worden. Er sprach: „Als meine Seele den Leib verlassen hatte, wurde ich von einem weißgekleideten Führer mit glänzendem Angesichte in ein tiefes Tal geleitet, das eine ungeheure Ausdehnung hatte und in dichte Finsternis gehüllt war, die Schrecken einflößte. Ich sah dort zwei Abteilungen: auf der einen Seite Glut und Flammen, auf der anderen Eis und Kälte. Der Engel sagte zu mir, das sei der Ort für jene Seelen, die ihre Besserung bis zum Tode verschieben und noch im letzten Augenblick Reue zeigen. Diese Seelen, die beständig aus der Hitze in die Kälte kommen und umgekehrt, werden erst nach dem Jüngsten Gericht in den Himmel gelangen, wenn ihnen nicht von den Lebenden durch gute Werke geholfen wird.“ Drithelm zog sich hierauf in ein Kloster zurück und führte ein strenges Büßerleben. Wenn sich seine Ordensbrüder über seine Kasteiungen wunderten, antwortete er: „Meine lieben Brüder, ich habe ganz andere Strenge gesehen als diese. Das sind Rosen und Süßigkeiten im Vergleich zu dem, was mir im Fegfeuer gezeigt wurde.“

 

Manche müssen die gleiche Anzahl von Jahren im Fegfeuer leiden wie die Anzahl der Jahre ihres Sündenlebens betrug. Die selige Anna Maria Taigi zu Rom sah das Los eines berühmten Grafen im Fegfeuer. Dieser Graf hatte zuvor ein üppiges und durch viele Reisen zerstreutes Leben geführt, sich aber später gebessert. Er musste ebensoviel Jahre im Fegfeuer leiden, die er auf Erden unnütz verlebt hatte. Die Schwester Maria Lindmayr sah einen ihr bekannten Musikanten, der viel zu trinken pflegte, im Fegfeuer; er erschien ihr als Kröte und sprach, er müsse deswegen in dieser Gestalt erscheinen, weil er sich gerne in feuchten und morastigen Orten aufgehalten hat; er müsse solange leiden, als er sich durch vieles Trinken das Leben abgekürzt hat. (S. 160)

Aus den Mitteilungen vieler von Gott begnadeter Personen geht hervor, dass die Fegfeuerstrafen mancher Seelen viele Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende dauern können. Maria Lindmayr sagt: „Etliche hundert Jahre dauert oft der Aufenthalt der Armen Seelen im Fegfeuer.“ Klara Moes sagt: „Manche Arme Seele muss Hunderte und Hunderte von Jahren schreckliche Leiden erdulden.“ Auch der hl. Kardinal Bellarmin erklärt: „Es steht außer Zweifel, dass die Peinen des Reinigungsortes manchmal viele Jahrhunderte dauern.“ (De gemitu 1,11,9)

Die ehrw. Katharine Emmerich sagt, dass der Heiland jedes Mal am Jahrestag seines Todes, also am Karfreitag, ins Fegfeuer hinabsteige und dort die eine oder andere Seele seiner Feinde befreie, die Zeuge seines blutigen Todes auf Golgatha gewesen sind und bisher noch immer nicht zur Anschauung Gottes zugelassen wurden. Also wären manche Zeitgenossen Christi, die dessen Feinde gewesen waren, fast 2000 Jahre im Fegfeuer!

 

Die gottselige Johanna vom Kreuz, Klarissen-Äbtissin zu Roveredo im damaligen Südtirol (+1674), hat, wie in den Prozessakten ihrer Seligsprechung mitgeteilt wird, von Gott die Offenbarung erhalten, dass sie durch ihre Gebete und Buße Offenbarung erhalten, dass sie durch ihre Gebete und Bußübungen den jüdischen König Salomon, der bekanntlich vor seinem Tod Götzendienst getrieben hat, aus dem Fegfeuer erlöst habe. Salomon ist vor etwa 3000 Jahren gestorben. Dass Salomon seiner schweren Verfehlungen im alter wegen nicht in die Hölle gekommen ist, lässt sich aus der Verheißung 2. Kön. 7,14-15 schließen. Er muss also noch im Augenblick des Todes die Gnade der Reue erlangt haben. (Viele Kirchenväter, wie die hll. Hieronymus und Cyrill v. J., sind der Ansicht, dass Salomon sich noch bekehrt hat. Sonst wären wohl kaum seine Bücher in den Kanon der hl. Schriften aufgenommen worden. Der hl. Augustin ist jedoch anderer Meinung.)

Die Behauptung des Dominikaners Soto, dass keine Arme Seele länger als zehn Jahre leide, ist falsch, zumal auch Papst Alexander VII. diesen Satz als ketzerisch verworfen hat.(18.3.1666 prop. 43)

Ein kurzes Fegfeuer haben laut P. Paul von Monn jene Personen, die gottergeben sterben. Er berichtet von einer Dame, die bei einem Eisenbahnunglück unweit Gent den Tod gefunden hat und sogleich in den Himmel gekommen ist, weil sie im letzten Augenblick gerufen hat: „Herr, dein Wille geschehe!“ (S. 151) Auch berichtet er von einer verstorbenen Dame, die nur eine Stunde im Fegfeuer war und der erlaubt wurde, diese Stunde in demselben Lehnstuhl zuzubringen, in welchem sie gestorben war. Diese Gnade wurde ihr deswegen zuteil, wie sie ihre Kinder vortrefflich erzogen hatte. (5.150)

Maria Lindmayr sagt: „Am kürzesten werden im Fegfeuer zurückgehalten die Gutmütigen, Weichherzigen und Barmherzigen und jene, die gerne sterben.“ (S.165) Die ehrw. Klara Moes behauptet, dass demütige Personen selten länger als zwei Monate der Anschauung Gottes beraubt sind. Niemals über zwei Jahre, die meisten aber nur einige Stunden auch kommen die gewöhnlich nicht ins Fegfeuer, sondern bleiben an demselben Ort, wo sie gestorben sind. (S.206) Daher sagt sie: „Seid nur recht demütig, und ihr kommt ohne Fegfeuer in den Himmel!“ (S.519) Ferner: „Hat bei einem Menschen in diesem Leben die Sehnsucht  nach Gott einen hohen Grad erreicht, so kommt bei seinem Tod dessen Seele geradewegs in den Himmel, ohne das Fegfeuer zu berühren.“ (S.215) Der hl. Bonaventura bestätigt das, indem er behauptet, dass derjenige, welcher in den Flammen glühender Gottesliebe oder in den Fluten tiefen Reueschmerzes stirbt, den Brand des Fegfeuers nicht zu fürchten habe. (Comp. Theol. Verit. 4,24)

 

Was die Dauer des Fegfeuer anbelangt, sagt Maria Lindmayr: „Eine Stunde im Fegfeuer erscheint den Armen Seelen länger als 20 Jahre in großem Leid auf dieser Erde.“ (S. 145) Maria Dionysia aus dem Orden der Heimsuchung (+1653) sagt: „Die Zeit hat im andern Leben nicht mehr das gleiche Maß wie in diesem Leben. Jahrelange Betrübnis, Armut, Krankheit in dieser Welt sind nicht zu vergleichen mit einer einzigen Stunde Leiden im Fegfeuer.“ Katharine Emmerich erzählte am 31. Dezember 1820, dass sie im Fegfeuer die Seele eines frommen und wohltätigen Priesters gesehen habe, der tags zuvor um 9 Uhr abends gestorben sei. Er ist auf drei Stunden ins Fegfeuer gekommen, was ich, sein Schutzengel mitteilte. Katharina Emmerich sah sein Leiden und hörte ihn, als er aus dem Fegfeuer entlassen wurde, zu seinem Schutzengel sagen: „Nun sehe ich, dass uns auch Engel zum besten halten können.“ Der gute Priester dachte wahrscheinlich, er sei mehrere Jahre lang im Fegfeuer zurückgehalten worden, und die Mitteilung des Engels, er werde nur drei Stunden im Fegfeuer bleiben, sei erdichtet gewesen. Es ist eine bestimmte Zeit, in der die Seelen im Fegfeuer bleiben. Diese Zeit kann man nur nach unserem Zeitmaß angeben.

 

2. Nach dem Weltgericht wird das Fegfeuer nicht mehr bestehen.

Aus diesem Grund werden die Selen im Fegfeuer vor dem Weltgericht härtere Strafen erdulden; diese werden die Schwere der Leiden durch deren Dauer ersetzen. Die Schwester Nativitas sagt: „Mehrere Jahre vor dem Weltgericht wird die Pein des Reinigungsorte für jede Seele je nach der Größe ihrer Schuld zunehmen. Gott kann eine Seele in einem einzigen Jahre mehr leiden lassen als sonst in einem Zeitraum von hundert Jahren. Die Engel werden den Seelen verkünden, dass sie nur deswegen soviel leiden, weil das Weltgericht herannaht, und dass Gott die Strenge der Leiden deswegen vermehre, um deren Dauer abkürzen zu können (S. 84).

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VII. Wie leiden die Seelen im Fegfeuer? 

1. Die Schmerzen des Reinigungsortes sind ähnlich den Schmerzen, die auf Erden das Feuer verursacht. 

Der Tridentinische oder Römische Katechismus und die hll. Kirchenlehrer sprechen von einem Reinigunsfeuer. Der hl. Thomas von Aquin sagt: „Das Feuer des Reinigungsortes ist dasselbe wie das der Hölle.“ (4,21,2) Die hl. Katharina von Genua erklärt: „Die Pein im Fegfeuer ist so groß wie die Pein in der Hölle.“ Die Schwester Nativitas sagt sie sehe Seelen in flammen getaucht, deren Schmerz, den Gegenstand ihrer Liebe (Gott) zu sehen und zu besitzen, sich fortwährend steigerte. Einige leiden ungemein viel, so dass sich ihre Pein denen der Verdammten nähert. Nur die Gewissheit, dass sie von Gott nicht verworfen sind, gibt ihnen einigen Trost; sie sind daher vollkommen in den Willen Gottes ergeben. Ihre Sehnsucht nach Gott nimmt immer mehr zu. (S.844)

 

Bemerkenswert ist folgender Vorfall aus dem Leben der stigmatisierten Nonne, der hl. Katharina von Ricci (+1584), die schon mit 14 Jahren ins Dominikanerinnenkloster zu Prato in der Toscana  eintrat und in ihrem 67. Lebensjahr starb. Sie hat viele Gebete und Bußwerke für die Armen Seelen verrichtet. Diese sah sie manchmal von Flammen umgeben und mit Ketten beladen. Zuweilen trug sie sich Gott als Opfer für irgendeine Arme Seele an und bat Gott, ihr die Strafe zukommen zu lassen, die für jene Seele bestimmt is. In einem solchen Fall befand sich die Heilige während der Zeit von 40 Tagen in einem wahren Feuer, das sich auf ihrem Leib bemerkbar machte. Wer zufällig zu ihr kam, meinte, es befinde sich in ihrem Zimmer ein glühender Ofen. Ordensschwestern, die sie berührten, verbrannten sich die Finger. Umschläge mit kaltem Wasser halfen nichts. Trotz der Schmerzen, die unsere Heilige hierbei ausstand, war sie heiter. (Siehe deren Lebensgeschichte von Bayonne.) Etwas Ähnliches wird erzählt in der Lebensgeschichte der hl. Katharina von Genua. Auch diese hatte, wenn sie die Leiden der Armen Seelen auf sich nahm, das Gefühl, als ob sie sich in Flammen befinden würde.

Die ehrwürdige Dienerin Gottes Bertina Bouquillion (1800-1850), welche die Wundmale Christi hatte, lebte im Spital des Ordenshauses St. Louis in ihrer Vaterstadt St. Omar in Frankreich. Dort legte sie am 23. April 1822 die Ordensgelübde ab. Am 10. Sept. desselben Jahres um 7 Uhr abends sah sie im Krankenzimmer plötzlich eine am 23. Juli des gleichen Jahres an Hirnschlag verstorbene Mitschwester desselben Hauses namens Josefa Permecke im Ordenshabit auf sich zugehen. Die Verstorbene sprach zu ihr: „Habe Mitleid mit der leidenden Seele einer deiner Mitschwestern“ und verschwand. Als Bertina den Vorfall ihrer Oberin mitteilte, sprach diese, sie soll der Verstorbenen, falls sie wiederkommen, zurufen: „Gelobt sei Jesus Christus“.

Tags darauf zur gleichen Stunde erschien die Verstorbene wieder; deren Antwort auf den Gruß lautete: „Amen“. Auf die Frage, warum sie gerade ihr erscheine, sprach jene: „Weil ich Vertrauen zu dir habe, und ich weiß, dass du alles, um was ich dich bitten werde, tun wirst.“  Bei neuerlichen Erscheinungen sah Bertina die Verstorbene in Flammen eingehüllt. Aus Mitleid versprach sie ihr, sie wolle ihre Leiden teilen. Darauf entgegnete Josefa: „Der Herr nimmt dein Anerbieten an.“ Bei der nächsten Erscheinung hatte Bertina schon die Empfindung, als ob sie sich in Flammen befinden würde. Die Flammen reichten anfangs bis zu den Knien, stiegen aber bei jeder neuerlichen Erscheinung stufenweise, so dass sie schließlich über ihr Haupt reichten. Nachher sanken die Flammen wieder in derselben Weise, wie sie emporgestiegen waren. Bertina erklärte, sie habe solche Schmerzen empfunden, als ob sie sich in einem glühenden Ofen befunden hätte. Am 1. November, am Fest Allerheiligen, geriet Bertina in Ekstase und erblickte die Schwester Josefa, wie sie in Begleitung von Engeln aus dem Fegfeuer in den Himmel emporstieg. (Auffallend war, dass Bertina, während sie litt, die gleichen Schmerzen empfand wie die Verstorbene.)

 

Die stigmatisierte sel. Anna Schäffer aus Mindelstetten in Bayern (+1925) sah in der Ekstase ein Mädchen, das einen hellen Schein um den Kopf hatte und ihr mitteilte, es habe auf Erden einem hochadeligen Stand angehört und müsse jetzt für seine Hoffart büßen, deren Ursache ihre schönen Zähne waren. Das Mädchen ergriff deren rechte Hand und hielt sie vor den eigenen Mund, damit sie verspüre, welch große Hitze es leiden müsse. Anna Schäffer erklärte hernach: „Von ihren Zähnen ging eine so große Hitze aus, dass ich glaubte, es seien mir die Knochen in meiner Hand verbrannt.“ (Lama, Anna Schäffer, S. 168, Innsbruck 1930)

In der Lebensgeschichte des hl. Vinzenz Ferrer (+1419), eines spanischen Dominikaners, wird folgende Begebenheit erzählt. Seine Schwester erschien ihm einige Tage nach ihrem Tod. Sie war in Flammen eingehüllt und teilte ihm mit, dass sie zu einer bis zum jüngsten Tag dauernden Fegfeuerstrafe verurteilt sei;  sie könnte aber bald erlöst werden, wenn 30 Gregorianische Messen für sie dargebracht würden. Der Heilige beeilte sich nun, deren Wunsch zu erfüllen. Am dreißigsten Tag erschien ihm seine Schwester wieder und zwar leuchtend und von Engelgestalten umgeben zum Zeichen, dass sie bereits in den Himmel gekommen sei. (Die Sitte, für einen Verstorbenen an 30 aufeinander folgenden Tagen die hl. Messe aufzuopfern, wurde von der Kirche für „fromm und vernünftig“ erklärt. Abl. Kongr. 15,3.1884) Diese 30 Messen heißen gregorianische aus folgendem Grund: Papst Gregor der Große erfuhr, dass man bei einem Mönch namens Justus nach dessen Tod einige Goldstücke vorgefunden habe, wodurch der Mönch die klösterliche Vorschrift verletzt hatte. Der Papst ließ nun für ihn 30 hl. Messen hintereinander darbringen. Nach der 30. Messe erschien jener Mönch seinem leiblichen Bruder Kapiosus und meldete ihm seine Erlösung.

Seit jener Zeit kam es häufig vor, dass man für einen Verstorbenen an 30 Tagen lang das hl. Messopfer darbringen ließ. Im Verhinderungsfalle darf der Priester die eine oder andere Messe auch durch einen anderen Priester darbringen lassen. Selbstverständlich gilt der Ausfall der drei Messen in den drei letzten Tagen der Karwoche nicht als Unterbrechung. Es glaube aber niemand, dass diese 30 Messen ein unfehlbares Mittel seien, eine Seele zu erlösen. Für mehrere Verstorbene gleichzeitig können diese 30 Messen nicht dargebracht werden, sondern nur für eine Seele.

 

Katharina Emmerich, die sehr oft das Fegfeuer sah (Schöger 1870,II,41,418), und Pater Paul von Moll behaupten, dass manche Arme Seelen auch große Kälte empfinden. Paul von Moll sagt: „Die Kälte, die einige Seelen im Fegfeuer empfinden, ist ebenso groß wie die Hitze.“ (S. 152)

Katharina Emmerich sagt auch, dass in jenem in Finsternis getauchten düsteren Ort einige Seelen Hunger und Durst leiden. Kolumba Schonatz (+1787) erfuhr durch Offenbarung, dass die Schwester A.N. im Fegfeuer großen Durst leide, wie sie im Leben mit Gier und Hast zu essen gewohnt war. Laut Katharina Emmerich gibt es neben diesen Strafen der Empfindung auch geistige Strafen, Seelenleiden; diese bestehen je nach der Art der Sünde in Gewissens- und Herzensqualen oder innerster Verlassenheit. (Ausführlich in „Spirago, Kath. Emmerich“ S.104)

Katharina Emmerich sah im Fegfeuer eine jüdische Frau aus ihrer Gegend, die bei Lebzeiten ihre fromme Tochter heftig beschimpft und geschlagen hatte. Diese Jüdin erhielt im Jenseits entsetzlich viele Schläge und wurde arg misshandelt. Kath. Emmerich hörte ihr Geschrei. (Spirago, K. Emm. S. 105) Ein andermal sah die Dienerin Gottes die Seele einer vornehmen Dame aus Paris in Gestalt eines großen abscheulichen Schweines, das sich in einem Morast wälzte. Diese Dame hatte ein ausschweifendes leben geführt, und durch deren Schuld waren zur Zeit der französischen Revolution viele Priester ums Leben gekommen. Weil sie aber eine Verehrerin der hl. Margareta war, wurde sie auf die Fürbitte dieser Heiligen von Gott begnadigt, doch darf sie bis ans Ende der Welt aus jener Kloake nicht heraus. (Em. 11,456)

Maria Lindmayr (+1726) erschien eine verstorbene Klosterfrau mit entstelltem Angesicht, als ob ihr ein Raubvogel das Gesicht zerfressen hätte. Die Klosterfrau war im Leben eitel auf ihr schönes Gesicht. (S. 163) Am 14. Dezember 1712 erschien ihr eine Laienschwester mit hochgeschwollener Hand, die ganz verbrannt war. Die Schwester sagte, sie habe gern schöne Hände gehabt und sich deswegen den Arbeiten entzogen und sie anderen Schwestern zugeschoben. Jetzt würde sie wegen ihrer Arbeitsscheu und ihres Müßigganges hart gestraft. (S. 164)

Am 16. September 1704 erschien ihr eine Gräfin Sternberg, die deswegen viel litt, weil sie ihren Leib leichtfertigerweise zu entblößen pflegte, da sie in weit ausgeschnittenen Kleidern herumging. Sie sah sehr gealtert aus, war sehr traurig und sprach: „Ich gehe noch lange nicht heim“, wodurch sie auf die lange Dauer ihres Fegfeuers anspielte.

Eines Tages sah sie einen verstorbenen Maurer, der oft im Haus ihrer Eltern gearbeitet hatte und die üble Gewohnheit besaß, zu fluchen und viel zu trinken. Er befand sich hinter einem starken Gitter und war ähnlich verwahrt wie ein wildes Tier. Er jammerte, dass er wegen seines Scheltens sehr an der Zunge leiden müsse. Flehend erhob er die Hände und sprach: „Du kannst mir helfen und du musst mir helfen.“ Ein andermal erschien der Dienerin Gottes in der Liebfrauenkapelle der Michaelskirche zu München ein Verstorbener mit einem Weinglas in der Hand, um anzudeuten, wodurch er im Leben gesündigt hatte. Er klagte, er sei in jungen Jahren gestorben und habe durch unmäßiges Weintrinken sein Leben um 40 Jahre abgekürzt. Deswegen müsse er jetzt 40 Jahre im Fegfeuer leiden. Maria Lindmayr hat hierauf durch 40tägige Bußübungen ihm zu helfen gesucht und ihn, wie ihr hernach offenbart wurde, tatsächlich nach Verlauf dieser 40 Tage aus dem Fegfeuer erlöst.

Einmal erschien ihr eine Äbtissin, aber nicht im Ordensgewand, sondern als Hausmagd gekleidet, später wieder als kleines Kind in den Armen des Schutzengels. Diese Äbtissin hatte sich nämlich während ihres Lebens mehr um die Vermehrung des Klosterbesitzes als um die Vervollkommnung ihrer Untergebenen, also um kleinliche Sachen, bemüht. Sie sollte solange im Fegfeuer bleiben, bis ihre Nachfolgerinnen das wieder gutgemacht, was sie versäumt hatte. (S. 170) Bischöfe und weltliche Fürsten, die im Leben mehr auf weltliche Dinge als auf die ewige Seligkeit bedacht waren, erschienen in schlechter weltlicher Kleidung zum Zeichen, dass sie vor Gott arm sind. (S. 167, 168)

 

2. Priester werden im Fegfeuer strenger bestraft.

Die ehrw. Priorin Klara Moes sagt, dass Priester gewöhnlich ein längeres und strengeres Fegfeuer zu bestehen haben als Laien, weil sie mehr Gnaden und größere Erleuchtung hatten als gewöhnliche Christen, auch leiden sie oft wegen fremder Schuld. Der oberste Hirt der Christenheit wird schon wegen des kleinsten Fehlers hart gestraft. Auch sah sie einen hohen kirchlichen Würdenträger, der im Fegfeuer fürchterlich litt, wie er nicht mit der gehörigen Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten die Kniebeugung gemacht hatte. (S. 206)

 

Schwester Franziska von Pamplona sagt, dass ein Priester 40 Jahre im Fegfeuer bleiben musste, weil durch seine Nachlässigkeit eine Person ohne die hl. Sterbesakramente verschied. Die ehrwürdige Franziska vom heiligen Sakrament sah Bischöfe, die im Fegfeuer litten, mit feuriger Mitra auf dem Haupte, feurigem Hirtenstag in der Hand und einem feurigen Brustkreuz auf der Brust, wodurch zu verstehen gegeben wurde, dass sie Sünden abbüßen, die sie sich in ihrem Hirtenamt haben zuschulden kommen lassen. Priester erschienen ihr angetan mit feurigen Messgewändern, die Hände mit abscheulichen Geschwüren bedeckt, wodurch angezeigt wurde, dass sie ihr Priesteramt nicht mit der schuldigen Sorgfalt verwaltet hatten. (Derartige Visionen sind selbstverständlich bildlich aufzufassen.)

 

In der Lebensgeschichte der Priorin Klara Moes erfahren wir folgende Begebenheit. Ihr Bruder, Michael Moes, Vikar in Siebenbrunnen, starb schon im zweiten Priesterjahr am 11. Juli 1858. Einige Stunden nach seinem Tod erschien er ihr in derselben gestalt, wie er auf Erden im Priesterkleid wandelte, gleichzeitig mit seinem Schutzengel. Er sah sehr blass und abgezehrt aus; auf seinem Gesicht spiegelte sich sein leidender Zustand wider, doch auch Seelenruhe und Gottergebenheit, wie man sich etwas ähnliches auf Erden nicht denken kann. Er sprach keine Silbe zu ihr, nur der Engel teilte ihr mit, dass der Bruder zu einem strengen Fegfeuer verurteilt sei, aus dem er befreit werden könnte, wenn sie ein Leid, das ihr Gott anbiete, für ihren Bruder übernehmen würde. Ohne sich lange zu besinnen, bot sie sich zu diesem Opfer an. Da sprach der Engel: „Hiermit überträgt sich also das schreckliche Leid deines hier stehenden Bruders auf deinen Leib und deine Seele. Du sollst es solange erdulden, bis die ganze Schuld deines Bruders abgetragen ist. Er aber wird in kurzer Zeit der himmlischen Freuden teilhaftig werden, er wird in dieser kurzen Zeit keine fühlbare Pein mehr leiden, wohl aber noch der Anschauung Gottes beraubt sein.“ Bald darauf wurde der Leib der Priorin von einem sehr heftigen innerlichen Brand derartig erfasst, dass sie alle Kräfte verlor. Während zweier Monate musste sie das Bett hüten. Dieses plötzlich hereingebrochene Schwere Leiden vermochte sich niemand zu erklären. Alle Arzneien und Bäder konnten ihr Leiden nicht lindern, sondern verschlimmerten es nur, so dass sie sterbenskrank wurde. Da man ihr Ende befürchtete, spendete man ihr die hl. Sterbesakramente; doch sie starb nicht und litt noch zwei volle Jahre. Größer noch als die körperlichen Leiden waren ihre Seelenqualen. (S. 156, 157)

Katharina Emmerich hatte einst zur Osterzeit einen Priester aus dem Fegfeuer erlöst, der wegen seiner Neigung zu Scherzreden im Fegfeuer zu leiden hatte. (Schmöger, 1, 288)

 

3. Manche Seelen leiden im Fegfeuer keine Schmerzen nur dürfen sie noch nicht zur Anschauung Gottes.

Diese Ansicht vertritt der hl. Kardinal Bellarmin. Die hl. Brigitta erwähnt in ihrer Offenbarung drei Zustände im Fegfeuer: einige Seelen haben schwere Leiden, andere empfinden keinen Schmerz, haben aber nur heftige Trauer, und wieder andere haben auch keinen Schmerz, aber nur das Verlangen, Gott bald zu sehen. (IV,7)

Die Ordensschwester Nitivitas (+1798), Franziskanerin zu Fougères, sagt: „Manche Seelen im Fegfeuer leiden mehr ein Feuer der Liebe als der Sinne.“ (Hartmann,S.845) Weil also nicht alle Armen Seelen eine Strafe der Empfindung leiden, passt der Ausdruck „Reinigungsort“ (purgatorium) viel besser als die Bezeichnung „Fegfeuer“.

Der seligen Kreszentia Höß von Kaufbeuren (+1744) widerfuhr folgendes. Am 19. Oktober 1716 war zu Regensburg P.Ignaz Wagener, der zuvor lange Jahre hindurch das Jesuitenkloster zu Kaufbeuren geleitet hatte und der Seligen gut bekannt war, gestorben. Am 21. Oktober erschien er ihr und bat um Hilfe. Er sagte, dass er keine fühlbare Pein zu leiden habe, nur zur Anschauung Gottes noch nicht zugelassen werde, wie leer sich im Leben danach wenig gesehnt hatte. Kreszentia betete für ihn sehr inständig zu Gott, und schon am 23. Oktober erschien er ihr, von himmlischem Glanz umgeben, und sprach ihr den Dank aus. (Jeiler, Kr. Höß 1874,S.298) Die Dominikanerin Kolumba Schonath (+1787) zu Bamberg wurde am Allerseelentag 1764 in den Reinigungsort versetzt. Dort sah sie u.a. einen neu zubereiteten Ort. Es wurde ihr gesagt, dies sei der Ort für ihren schwerkranken Beichtvater Kasimir Mayr. In der Nacht des 8. Januar 1765 starb dieser. Nach einiger Zeit erschien er ihr und sprach: „Meine Schwester! Weißt du noch den Ort, der dir am Allerseelentag des vorigen Jahres gezeigt wurde, der für einen noch Lebenden bereit stand? An diesen Ort kam ich, weil ich dich gehindert habe, um die Erlösung einer Hilfe suchenden Seele zu beten, und dir befahl, dergleichen nicht mehr zu erwähnen. Jetzt bin ich wohl von der Pein erlöst, aber ich darf noch nicht zur Anschauung Gottes. Ich leide zwar keine Pein und habe keinen Schmerz, doch ist es eine große Seelenqual, wenn die Seele nicht zu ihrem Ziel gelangen kann“. (S. 134)

 

4. Auch in folgenden Fällen kommt es vor, dass die Armen Seelen keine Schmerzen leiden:

a) Wenn die Mutter Gottes ins Fegfeuer hinabsteigt und die eine oder andere Seele tröstet. Der hl. Bonaventura bezieht die Worte der Hl. Schrift: „Ich drang in die Tiefe des Abgrundes“ (Sir. 24,8) auf Maria, welche die leidenden Seelen im Fegfeuer besucht. Diese Besuche gelten ihren frommen Verehrern, ihren geliebten Kindern. Daher sagt der hl. Alfons von Ligouri: „Diese liebevolle Mutter unterlässt nicht, dann und wann in dieses Gefängnis hinabzusteigen, um ihre geliebten Kinder durch ihre Gegenwart zu trösten.“

Klara Moes sagt: „Die Mutter Gottes besucht jene Seelen im Fegfeuer, die sie im Leben verehrt hatten. Während der Gegenwart der Mutter Gottes sind die Armen Seelen frei von Schmerzen.“ (S. 222) „Viele Seelen im Fegfeuer haben ihre Rettung einzig der Mutter Gottes zu verdanken, da sie Maria im Leben verehrt haben.“ (S. 223) Paul von Moll sagt: „Die Mutter Gottes hat mir mitgeteilt, dass sie sich jeden Samstag ins Fegfeuer begibt.“ (S. 153) Der hl. Alfons sagt, die Mutter Gottes begebe sich an jedem ihrer Feste ins Fegfeuer und führe viele Seelen heraus. Der hl. Petrus Damiani berichtet, dass einer Frau ihr jüngst verstorbene Freundin erschienen sei und ihr mitgeteilt habe, dass Maria am Fest Maria Himmelfahrt weit mehr Seelen aus dem Fegfeuer befreit habe als Bewohner in Rom seien. (Supr. Magd. 2,3) Zur hl. Brigitta sprach die Mutter Gottes: „Ich bin die Mutter aller jener, die im Fegfeuer sind, deren Leiden werden durch meine Fürbitte gemildert.“ (4,1) Der hl. Bernhardin sagt: „Im Reich des Fegfeuers hat Maria die Herrschaft.“ Maria heißt mit Recht „die barmherzige Mutter“ oder „die Mutter der Barmherzigkeit“. Schön ist die Aufschrift auf einem Marienbild: „O Maria, coeli gaudium, terrae auxilium, purgatorii solatium; „O Maria, du Freude des Himmels, Hilfe der Erdenpilger und Trost der Seelen im Fegfeuer!“

b) Der hl. Hieronymus meint, dass auch jene Seelen, für die das hl. Messopfer auf Erden dargebracht wird, während dieses hl. Messopfers keine Pein zu leiden haben.

c) Klara Moes sagt: „Soweit ich Erfahrung machte, sind die hl. Messe, die hl. Kommunion und die Aufopferung des kostbaren Blutes Christi die wirksamsten Mittel, den Armen Seelen zu helfen. Je öfter ich dem himmlischen Vater das kostbare Blut seines eingeborenen Sohnes aufopferte, desto erträglicher und erquicklicher wurde ihre Lage. Es war gewöhnlich der Fall, dass die Seele, für die ich das kostbare Blut Christi aufgeopfert hatte, dann gemäß unserer Zeitrechnung wenigstens eine Viertelstunde von den Schmerzen des Fegfeuers frei blieb. War diese leidenslose Zeit vorüber, so wurde sie wieder von den Schmerzen des Fegfeuers ergriffen, ohne dass diese sich jedoch vermehrten, im Gegenteil bei manchen waren sie geringer.“ (S. 198)

 

Ein großer Schmerz für die Seelen im Reinigungsort ist die Entbehrung der Anschauung Gottes. Durch die Sünde hatte sich der Mensch auf Erden von Gott getrennt, weshalb seine Seele nun eine Zeit lang der Anschauung Gottes entbehrt. Die Menschenseele ist für Gott erschaffen; deshalb zieht sie ein großer Drang und eine große Sehnsucht nach Gott hin. An ihr werden die Worte des hl. Augustin wahr: „Unruhig ist unser Herz, solange es nicht in Dir ruht, o Gott!“ Diese Sehnsucht nach der Anschauung und dem Besitz Gottes, diesem höchsten Glück und Ziel aller Seelen, gleicht dem Hunger und Durst des Menschen auf Erden. Gleichwie die Soldaten, die im Krieg vom Feind gefangen genommen werden und sich dann jahrelang fern von der Heimat an fremden Orten in Kriegsgefangenschaft befinden, nach der Heimat sich sehnen, so werden auch die Seelen im Fegfeuer von Heimweh geplagt indem sie sich nach dem Himmel und der Anschauung Gottes sehnen.

Auf Erden war es der Menschenseele unmöglich, sich durch Betrachtung und Genuss der irdischen Dinge zu zerstreuen und dadurch irgendwelche Befriedigung zu finden. Das ist aber nach dem Tod nicht mehr möglich; die Seele ist von allen irdischen Dingen getrennt und auf sich selbst angewiesen. Da sehnt sie sich sehr nach ihrem Ziel, zu dem sie erschaffen worden ist, nach der Vereinigung mit Gott.

Zur Ordensschwester Marie Lataste sprach Christus: „Das Leiden, das die Beraubung der Anschauung Gottes in den Seelen des Reinigungsortes verursacht, übersteigt alles, was du dir nur vorzustellen vermagst; denn an diesem Ort erkennen die Seelen vollkommen den Wert des Besitzes Gottes.“ (III. 12,6)

 

Die jenseitige Welt ist und bleibt für uns auf Erden ein Geheimnis, dessen Schleier Gott nur ganz wenig gelüftet hat. Es kann daher auch nie behauptet werden, dass im Jenseits ein Feuer sei wie auf Erden. Nur soviel steht fest, dass die Schmerzen dort ähnlich und zumeist größer sind als die Schmerzen, die auf Erden das Feuer verursacht.

Dass diese Schmerzen rein geistig sind, könnte man aus folgenden Worten der Mater Salesia Schulten vermuten: „Was die Armen Seelen im Fegfeuer betrifft, so wurde mir folgendes mitgeteilt: Die Seele, der Geist, mit Makeln behaftet, kann in diesem Zustand nicht in die Reinheit des Geistes Gottes eingehen. Es ist eine Unmöglichkeit, dass sich die Reinheit des Geistes Gottes mit dem Geist der Seele, der getrübt, ist, vereinigt. Die Qualen der Seele, die mir gezeigt wurden und ich gleichsam mitempfinde, sind furchtbar. Der Seelenschmerz ist mit den größten Schmerzen des Leibes unvergleichbar. Des Leibes ledig, also von leiblichen Sinnen nicht beeinflusst, leiden die Kräfte der Seele und mit ihnen der Geist, die Seele, die furchtbarsten Seelenqualen. Der Geist ist jetzt voll Verlangen nach der Anschauung Gottes, und zu seiner Qual sieht er, dass die Seelenkräfte gar nichts vermögen, dem Geist, der Seele, die Reinheit zu vermitteln, sie der Anschauung Gottes würdig zu machen. Im Verlangen nach Gott und in der selbstverschuldeten Trennung von Gott liegt ein Schmerz, der die Seelen, den Geist furchtbar peinigt. Der Schmerz, Gott beleidigt zu haben und ihn nicht schauen zu dürfen, isst ein so furchtbarer Seelenschmerz, dass er mit den größten Leiden des Körpers nicht verglichen werden kann. Die Leiden sind, weil sie geistiger Natur sind und im Bewusstsein der eigenen Schuld, von ganz unbeschreiblich großer Pein. Es ist ein Feuer geistiger Art, das die Seele, den Geist, verzehrt im Verlangen nach Gott und im Reueschmerz über die Verirrung der Seelenkräfte. Die Seelen müssen dulden und leiden, bis sie ihre Schuld abgetragen haben, bis das geistige Feuer den Geist, die Seele, vollkommen gereinigt hat und sie in die Reinheit des Geistes Gottes eingehen können. Die Seele kann nicht das Geringste zu ihrer Erlösung beitragen, sie ist ganz abhängig vom Gebet der Kirche und der Gläubigen. Das hl. Messopfer ist für sie das mächtigste und wirksamste aller Opfer.“

 

Manche sind der Ansicht, dass die Seelen im Reinigungsort infolge ihres Heimwehs nach dem Himmel in einen fieberhaften Zustand gelangen, der die Seele erhitzt und ihr größere Schmerzen verursacht, als das Feuer auf Erden dem Leib zuzufügen imstande ist. Dies wäre das Gegenstück zum Feuer der Gottesliebe in den Seelen der Himmelsbewohner.

Auch die hl. Brigitta spricht von einem Sehnsuchtsfeuer. Theresia Neumann sagt ebenfalls: „Der eigentliche Schmerz der Armen Seelen ist ein Sehnsuchtsleiden.“ (Lama, Konnersr. Jahrb. 1928. S.21)

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VIII. Irrige Meinungen 

Da hinsichtlich der Verstorbenen zuweilen irrige Meinungen vorkommen, möge folgendes beachtet werden:

 

1. Niemand unterlasse das Gebet für einen Verstorbenen deswegen, weil dieser nach seiner Meinung brav und fromm gelebt hat.

Nur für einen Märtyrer braucht man nicht zu beten, weil dieser sein Leben für Christus hingegeben hat und deswegen von ihm die Worte Christi gelten: „Wer sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es finden.“ (Mt. 10,39) Papst Innozenz III. sagt daher: „Man würde einem Märtyrer Unrecht tun, wenn man für ihn beten würde.“

Auch für Kinder, die in der Taufunschuld gestorben sind, braucht man nicht zu beten; denn da diese keine Sünde haben, kommen sie sogleich in den Himmel. Daher verwendet unsere Kirche beim Begräbnis dieser Kinder nicht die schwarzen Gewänder, welche Trauer bedeuten, sondern die liturgische Farbe weiß, die der Ausdruck der Freude ist. (Sobald aber Kinder zu Verstand gekommen sind und daher sündigen konnten, was bei manchen Kindern schon frühzeitig der Fall ist, entgehen sie nicht dem Fegfeuer, falls sie in frühester Jugend mit Sünden belastet sterben. Maria Lindmayr erschien ihr verstorbener vier Jahre alter Neffe Ignaz mit einem schlechten grauen Röckchen und war sehr betrübt. Er sagte ihr, dass sich viele Kinder vom vierten Lebensjahr angefangen im Fegfeuer befinden.) Bei anderen Sterblichen aber weiß man nicht, welches Urteil Gott über sie nach ihrem Tod gefällt hat.

Der hl. Ludwig Bertrand (+1580), ein Dominikaner, der in Südamerika viele Indios bekehrte und von Gott die Gabe der Sprachen und der Weissagung hatte, behauptete, dass sein Vater, ein Notar zu Valencia in Spanien, acht Jahre lang im Fegfeuer gewesen sei, obgleich dieser ein sehr frommer Mann gewesen war und er viele Gebete und Bußwerke für dessen Seelenheil aufgeopfert hatte.

Auch ist es, wie bereits zuvor ein derartiger Fall (die Oberin Luzia) mitgeteilt wurde, öfter vorgekommen, dass Verstorbenen, die nach allgemeiner Meinung ihrer Zeitgenossen ein heiligmäßiges Leben geführt hatten, nach Jahren erschienen sind und die Lebenden um ihre Fürbitte angefleht haben.

 

Einer der tüchtigsten Päpste, der mit großem Eifer für das Wohl der Kirche arbeitete, war Innozenz III. (1198-1216). Und doch sagt der hl. Kardinal Bellarmin (+1621), der hl. Luitgard (+1246) sei von Gott offenbart worden, dass dieser Papst nach seinem Tod verurteilt wurde, bis ans Ende der Welt im Fegfeuer zu bleiben.

Wenn auch jemand beim besonderen Gericht verurteilt wurde, bis ans Ende der Welt im Fegfeuer zu bleiben, kann er doch durch Gebete und gute Werke der gläubigen auf Erden bald aus dem Fegfeuer befreit werden. Die hl. Brigitta berichtet in ihren Offenbarungen, dass ein Soldat auch bis zum jüngsten Tag im Reinigungsort bleiben sollte, er jedoch infolge des eifrigen Gebetes und der Almosen seiner Frau schon nach vier Jahren aus dem Fegfeuer befreit wurde. Man beachte auch den Bericht aus dem Leben des hl. Vinzenz Ferrer.

Die ehrwürdige Katharina Emmerich sagt sogar: „Ich sehe Orte, wo einige, die später heiliggesprochen wurden, aber beim Scheiden aus dieser Welt ihre Heiligkeit noch nicht vollendet hatten, gereinigt wurden.“ Diesen Worten zufolge wären also sogar manche Heilige dem Fegfeuer nicht entronnen.

Wer nun meint, dass irgend ein gewöhnlicher Sterblicher deswegen, weil er brav und fromm gelebt hat, des Gebetes nicht bedürfe, befindet sich in großem Irrtum.

 

2. Niemand glaube, dass das Gebet für einen Verstorbenen, weil er vielleicht ein schlechtes Leben geführt hat, überflüssig sei.

Ein solcher kann trotzdem infolge irgendwelcher guter Werke, die er im Leben verrichtet hat, oder infolge der Fürbitte anderer im Augenblick des Sterbens noch die Gnade der Reue erlangt haben und dadurch vor der Hölle gerettet sein. Der reumütige Schächer, einst ein Mörder (Mt. 27,38), zur rechten Seite des Kreuzes Christi ist nicht der einzige, der beim Sterben einer außerordentlichen Gnade teilhaftig wurde. Beten wir zum hl. Dismas um eine gute Sterbestunde.

Dass sich mancher noch am Ende des Lebens den Himmel verdiene, deutet Christus im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg an. Dort hören wir, dass jene, die erst in der letzten Stunde ihr Tagwerk begonnen haben, denselben Lohn erhielten wie jene, die schon am Morgen zu arbeiten begonnen hatten. (Mt. 20,9)

 

Inn der Natur sehen wir nirgends plötzliche Übergänge, so z.B. dass ein Pflänzchen schon morgen ein Baum sei, dass ein Baum heute Blüten und morgen schon Früchte trüge u. dgl. In der Natur vollzieht sich alles langsam. Daher stirbt auch der Mensch nicht plötzlich. Mag auch ein Sterbender schon zu atmen aufgehört haben, so folgt daraus noch nicht, dass seine Seele sofort den Leib verlassen hat.

Es ist möglich dass der Sterbende noch im letzten Augenblick eines besonderen Lichtes gewürdigt wird und plötzlich sein ganzes Leben von Jugend an überblickt, wie es nach der Aussage mancher Menschen, die der Lebensgefahr des Ertrinkens, Erstarrens u. dgl. Entronnen sind, tatsächlich vorgekommen ist. Vielleicht kann der Sterbende in diesem Fall auch einen Blick ins Jenseits werfen. Welch große Reue würde da wohl noch manche Menschenseele im letzten Augenblick erfassen, so dass sie zufolge dieser Reue gerettet wäre. Wir dürfen daher über keinen verstorbenen Menschen urteilen, denn wir können nicht wissen, was im Sterben mit ihm vorgegangen ist und ob er nicht zufolge irgendwelcher guter Werke, die er im Leben verrichtet hat, im letzten Augenblick noch bei Gott außerordentliche Gnade gefunden hat.

Sogar bei einem Selbstmörder oder bei einem Menschen, der infolge gerichtlichen Urteils hingerichtet worden ist, kann man kein Verdammungsurteil fällen, weil man nicht allwissend ist und nicht weiß, was in seiner Seele beim Sterben vorgegangen ist. Wenn die Kirche dem Selbstmörder früher das kirchliche Begräbnis verweigerte, so war das kein Verdammungsspruch, sondern nur der Ausdruck des Abscheus über den Selbstmord. Doch wissen wir, dass, wenn der Arzt bestätigt, dass der betreffende Mensch in geistiger Verwirrung Hand an sich gelegt hatte, die Kirche ihm das christliche Begräbnis nicht verweigerte.

 

Und mag vielleicht jemand auf Erden ein unsittliches Leben geführt haben, wie einst die Sünderin Maria Magdalena, die sich allerdings aufrichtig gebessert, Buße getan hat und jetzt als Heilige verehrt wird, so kann man nach dessen Tod auch kein Verdammungsurteil aussprechen, wie folgender Fall beweist, den der hl. Bischof und Kirchenlehrer Alfons von Liguori in seinen „Herrlichkeiten Mariens“ erzählt. In der Stadt, wo die selige Schwester Katharina vom hl. Augustin wohnte, lebte eine Frau namens Maria, die von Jugend auf ein sittenloses Leben geführt hatte und schließlich von der Obrigkeit aus der Stadt ausgewiesen worden war. Nach einiger Zeit fand man diese Frau außerhalb der Stadt in einer Höhle tot liegen. Am Leichnam war zu erkennen, dass die Frau an einer ekelhaften Krankheit gestorben war. Jedermann hätte gedacht, dass diese Person nach ihrem Tod verdammt worden sei. Doch nach vier Jahren hatte man alle Ursache zu vermuten, dass dem nicht so sei. Jene Klosterfrau Katharina, der öfter Erscheinungen zuteil wurden, hatte eines Tages während des Gebetes folgende Erscheinung. Es näherte sich ihr eine dunkle Gestalt – es war eine Arme Seele – und sprach: „Schwester Katharina! Wie unglücklich bin ich doch! Du betest soviel für die Verstorbenen, nur meiner gedenkst du nicht!“ Die Dienerin Gottes stellte die Frage: „Wer bist du?“ Die Seele antwortete: „Ich bin jene arme Maria, die in der Höhle starb. Durch die Barmherzigkeit Gottes bin ich aber gerettet. Denn als ich von der ganzen Welt verlassen war, rief ich aus dem Grunde meines Herzens zur Mutter Gottes: „O Maria, Zuflucht der Sünder, erbarme dich meiner! Komme mir zu Hilfe!“ Ich bekam sodann eine große Reue über meine Sünden, und dadurch bin ich der Hölle entgangen.

Doch muss ich jetzt umso heftiger leiden. Wenn du einige heilige Messen für mich aufopfern würdest, könnte ich bald erlöst sein. Ich würde dann im Himmel beständig für dich bitten.“ Hier sehen wir die großartige Wirkung der Reue in der Todesstunde, gleichzeitig aber auch, wie vorteilhaft die Aufrufung der Mutter Gottes ist.

Dass die allerseligste Jungfrau, die „Ausspenderin der Gnaden“, auch kleine Dienste, die man zu ihrer Ehre vollbringt mit besonderen Gnaden in der Todesstunde vergilt, beweist folgender Fall aus dem Leben des hl. Pfarrers von Ars (1859). Zu ihm kam eine Frau, die ganz untröstlich darüber war, dass ihr Mann, der es mit seinen religiösen Pflichten nicht sehr genau genommen hatte, ohne die hl. Sterbesakramente gestorben war. Pfarrer Vianney, der oft die Geheimnisse der Menschen wusste, machte die betrübte Frau darauf aufmerksam, dass ihr der verstorbene Mann im Monat Mai oft Blumensträuße zum Schmücken des Muttergottesbildes gebracht habe, und fügte bei: „Christus hat Erbarmen mit dem, der seiner Mutter Ehre erwiesen hat. Ihr Mann hat im Augenblick des Todes noch die Gnade erhalten, Reue zu erwecken. Seine Seele ist im Fegfeuer, und wir können ihn mit unseren Gebeten und guten Werken daraus befreien.“

Die Frau staunte, dass Pfarrer Vianney Geheimnisse aus ihrem häuslichen Leben wusste, von denen sie niemandem etwas erzählt hatte. Deswegen war sie überzeugt, dass auch das andere wahr sei, was der hl. Pfarrer von Ars vom Schicksal ihres Mannes gesagt hatte. Es ist also möglich, dass ein Sünder noch während des Sterbens besonderer Gnaden teilhaftig werden und Verzeihung seiner Sünden erlangen kann. Wir können also über einen Verstorbenen nicht urteilen, selbst wenn er im Leben in religiöser Beziehung gleichgültig gewesen ist. Die Barmherzigkeit Gottes ist unergründlich.

 

Auch wegen der Fürbitte anderer erweist zuweilen Gott dem Sünder in dessen Sterbestunde Gnade, wie folgender Fall darlegt. Maria Denise von Martignat (+1653), eine Klosterfrau aus dem Orden der Heimsuchung zu Annecy in Frankreich, hatte ihre Jugend an fürstlichen Höfen zugebracht, weswegen sie besonderes Mitgefühl am Schicksal der Fürsten hegte.

Wie ihre Oberin Franziska Magdalena Changy in ihren Lebenserinnerungen berichtet, geriet jene Klosterfrau, die viel für die Armen Seelen betete, eines Tages, als sie nach der hl. Kommunion wieder der Armen Seelen gedachte, in Verzückung und sah das Fegfeuer. Dort bemerkte sie unter anderem in Flammen die Seele des ihr bekannten Herzogs von Nemours, der am 30. Juli 1652 im Zweikampf durch die Hand seines Schwagers Beaufort gefallen war. Dieser Herzog hatte auf Erden ein rein weltliches Leben geführt. Und doch ist er von Gott nicht zur Hölle verurteilt worden, weil seine Angehörigen viel für sein Seelenheil gebetet hatten. Wegen dieser Fürbitte frommer Seelen hat sich Gott seiner erbarmt und ihm im letzten Augenblick noch die Gnade einer vollkommenen Reue verliehen. Da er den christlichen Glauben nicht verloren hatte, glich er einer Kerze, die durch einen Funken der göttlichen Gnade leicht angezündet werden konnte. Die genannte Ordensschwester trug sich dann Gott als Sühneopfer für jenen unglücklichen Herzog an. Sie schwoll bald am ganzen Leib an und konnte nur auf einem Stock gestützt umhergehen und litt unsägliche Seelenqualen.

Christus, der uns um teuren Preis erkauft hat und so schrecklich viel für unsere Erlösung gelitten hat, entschließt sich nicht so leicht, eine Seele zu verdammen, gleichwie auch wir Sachen, die sehr wertvoll waren, nicht leicht wegzuwerfen pflegen. Wenn unser Heiland nur irgendwelchen guten Willen vom Menschen bemerkt, lässt er ihn nicht auf ewig zugrunde gehen, sondern geht wie der gute Hirt dem verlorenen Schäflein nach, um es zu retten. Die Heilige Schrift sagt daher mit Rücksicht auf diese Wahrheit, dass Gott das geknickte Rohr nicht zerbricht und den glimmenden Docht nicht auslöscht. (Is. 42,3)

Die ehrwürdige Katharina Emmerich sagt: „Groß ist die Gerechtigkeit Gottes, aber noch unbegreiflicher seine Barmherzigkeit. Gott verdammt nur jene, die sich durchaus nicht bekehren wollen; die aber, welche noch einen funken guten Willens haben, werden gerettet“. Ferner sagt sie: „Christus hat nicht umsonst drei Stunden qualvoll am Kreuz gehangen und seine Arme so weit ausgebreitet. Es sind viel mehr Seelen gerettet, als wir meinen.“ Diese Worte sprach die Dienerin Gottes, als die Dichterin Luise Hensel, eine Konvertitin, wegen des Schicksals ihrer protestantischen Verwandten, namentlich ihres Vaters, Bedenken äußerte.

 

Sehr trostvoll sind auch folgende Worte der Dienerin Gottes: „Wenn ein reicher Herr seiner Köchin die ihm Suppe kochen soll, nichts anderes als Wasser und Brot gäbe, so könnte ihm die Köchin nur Wassersuppe vorsetzen.“ Damit wollte sie sagen: Leute, die von Gott weniger Licht bekommen haben und daher in religiöser Beziehung geringe Kenntnisse besitzen, werden von Gott leichter Verzeihung erhalten. Gott kann eben von solchen Personen nicht viel verlangen.

Zur hl. Gertrud sprach Christus: „Wenn ich Menschen sterben sehe, die gern an mich gedacht haben und irgend ein Werk, das Belohnung verdient, verrichtet haben, so erscheine ich ihnen beim Verscheiden mit einem Antlitz von solcher Milde und Barmherzigkeit, dass sie vom tiefsten Herzen bereuen, mich in ihrem Leben beleidigt zu haben, durch welche Reue sie gerettet werden.“ Demnach befinden sich viele Seelen im Reinigungsort, von denen ihre noch auf Erden lebenden Mitmenschen glauben, dass sie verloren seien. Die Menschen begehen deswegen einen Fehler, wenn sie das Gebet für einen Verstorbenen unterlassen, wie sie meinen, es könne ihm nichts nützen. Besonders im Advent, da wir die Ankunft des Herrn erwarten, sollen wir häufig unserer verstorbenen Angehörigen im Gebet gedenken, weil auch sie sich nach der Ankunft des Herrn sehnen.

 

3. Es ist ein Irrtum zu meinen, dass es im Fegfeuer keine empfindlichen Leiden gibt.

In einigen Schriften wird, um den Gläubigen nicht „das Herz schwer zu machen“, versucht das Fegfeuer seiner Schrecken zu entkleiden und es soviel als möglich rosig auszumalen. Es wird z.B. behauptet, dass die Leiden im Reinigungsort süß seien. Letzteres lässt sich jedoch stark anzweifeln, weil nämlich kein einziges Leiden süß, sondern jedes Leiden bitter ist, auch wenn es mit Geduld ertragen wird. Die Kirche legt nicht ohne Grund den Armen Seelen die Worte in den Mund „Miseremini mei… Erbarmet euch meiner, erbarmet euch meiner, wenigstens ihr, meine Freunde, den die Hand des Herrn hat mich getroffen!“ (Job 19,20)

Ferner werden in jenen Schriften die Offenbarungen, die viele Heilige über die Leiden des Reinigungsortes hatten, zurückgewiesen, weil dadurch die Menschen in angst und Schrecken versetzt werden könnten; als ob es ein Unglück wäre, wenn die Sünder einmal mit heilsamer Furcht erfüllt und aus ihrem Sündenschlaf aufgeweckt würden. Um den Wert der Privatoffenbarungen abzuschwächen, wird in jenen modernen Schriften sogar zu Verdächtigungen Zuflucht genommen; es wird behauptet, die Heiligen, die Visionen über das Fegfeuer hatten, seien hysterisch gewesen und ihre Visionen seien Halluzinationen und krankhaften hysterischen Zuständen zuzuschreiben, wie es z.B. G. in seiner Dogmatik bezüglich der hl. Theresia tut.

Solche Kritiker hält wohl nur das Ansehen der Heiligen Schrift zurück, auch den Moses vor dem brennenden Dornbusch, die drei Apostel auf Tabor, den sterbenden Stephanus und Saulus vor den Toren der Stadt Damaskus ebenfalls wegen ihrer Visionen hysterisch zu nennen?

 

Der Verfasser einer Fegfeuerschrift redet auf S. 102 von einem „schwankenden und durchlöcherten Kahn der Privat-Offenbarungen“ und sagt: „Das sind Dinge, mit denen man Kinder und gedankenlosen, leichtgläubigen Menschen bange macht, aber nicht Menschen, die denken können!“ Derartige Ausdrücke über die Offenbarungen, mit denen viele Heilige von Gott begnadigt wurden, sind zum wenigsten ungeziemend. Wer Privatoffenbarungen blindlings ohne Prüfung bekämpft und verwirft, der handelt gegen den gesunden Menschenverstand, der verlangt, dass man nicht ohne vorausgegangene Prüfung verwerfe. Der Umstand, dass diese Offenbarungen mit heilsamer Furcht erfüllen, ist kein überzeugender Grund, sie zu verwerfen.

Über die Privatoffenbarungen darf man schon deswegen nicht wegwerfend urteilen, weil viele von ihnen von zahlreichen Bischöfen empfohlen, ja sogar einige von Päpsten und Konzilien gutgeheißen wurden; so z.B. wurden gutgeheißen: die Offenbarungen der hl. Brigitta (+1373) von vier Päpsten und vom Konzil in Basel (1435), die Offenbarungen der hl. Äbtissin Hildegard (1178) von Papst Eugen III. Die Offenbarungen der hl. Gertrud der Großen (+1334), der hl. Katharina von Siena (+1380), der hl. Theresia (+1582) und der hl. Magdalena von Pazzi (+1607) sind kirchlich approbiert.

Von einer großen Anzahl von Bischöfen wurden empfohlen die Visionen der ehrw. Anna Katharina Emmerich (+1824) und die Visionen der spanischen Äbtissin Maria von Jesus von Agreda (+1665), die unter dem Titel „Die Mystische Stadt Gottes“ niedergeschrieben sind und in 57 Sprachen übersetzt wurden. Die Visionen und Offenbarungen der französischen Schwester Nativitas (Schwester von der Geburt), Franziskanerin zu Fougères in der Bretagne (+1798), wurden von 26 französischen und englischen Bischöfen zur Förderung des Seelenheiles sehr empfohlen. Wer sich also abwertend über die Privatoffenbarungen äußert und ihnen Verachtung entgegenbringt, ist zu bedauern.

Die Gegner der über das Fegfeuer bestehenden Privatoffenbarungen lassen sich sogar zu persönlichen Beleidigungen hinreißen. Ein solcher lobt (auf S. 103) einen Schriftsteller, der angeblich gesagt haben soll: „Was für saure, ungesellige und unverträgliche Menschen müssen das sein, die solches schreiben!“ (Die nämlich über die Fegfeuervisionen der Heiligen schreiben und dadurch „das Herz schwer machen“). Durch dieses lieblose Urteil werden sämtliche Schriftsteller, welche die Lebensgeschichten jener heiligen Visionäre mit bischöflicher Approbation veröffentlicht haben, schwer beleidigt.

 

Übertrieben wäre es, wenn jemand das Fegfeuer als eine Folterkammer oder als einen von Teufeln bedienten Feuerofen schildern oder vielleicht sogar, wie es zum Schaden der religiösen Erbauung vorkam, dies auf gemalten Bildern darstellen würde. Wenn die von Gott begnadigten Seherinnen die Fegfeuerstrafen in Bildern sehen und sie derart schildern, so sind ihre berichte eben bildlich zu verstehen und nicht wörtlich aufzufassen. Daher ist auch deren Bericht über die Feuerstrafen im Jenseits nicht so zu deuten, dass es im Jenseits ein solches Feuer gebe wie auf Erden. In den Seelen der Abgeschiedenen werden eben schmerzliche Gefühle erweckt, die eine Ähnlichkeit haben mit den Feuerstrafen auf Erden.

Wer aber das Fegfeuer leichtsinnigerweise seiner Schmerzen zu entkleiden und als einen harmlosen oder sogar mit vielen Freuden bereicherten Ort zu schildern sucht, der muss es verantworten, wenn die Angehörigen für ihre Verstorbenen nicht beten.

Man vergesse übrigens nicht, dass auch hervorragende Theologen, wie ein hl. Augustin, hl. Gregor der Große, hl. Thomas von Aquin, hl. Anselm, hl. Bonaventura u.a. das Fegfeuer keineswegs mit rosigen Farben geschildert haben, sondern dass ihre Äußerungen und Ansichten über den Reinigungsort desgleichen mit heilsamer Furcht erfüllen.

 

Schließlich wäre noch hervorzuheben, dass der Bericht der mit der Sehergabe ausgestatteten heiligen Personen in ihren Berichten über die Schwere der Leiden im Fegfeuer der Hauptsache nach übereinstimmen. Nachdem aber so viele Heilige übereinstimmend über die Schwere der Fegfeuerstrafen berichten, fällt dieser Umstand sicherlich sehr ins Gewicht. Allerdings braucht niemand deren Berichte mit einem Akt des Glaubens anzunehmen, da das, was die Visionäre sagen, kein Glaubenssatz ist.

Aber ihnen Verachtung entgegenbringen, ist man nicht berechtigt, weil die Heiligen und heiligmäßigen Personen, von denen die Mitteilungen stammen, keine Betrüger sind und man keinen Beweis in der Hand hat, dass ihre Aussagen falsch seien. Schon die Heiligkeit, beziehungsweise deren heiliges Leben verlangt, dass man ihren Worten wenigstens keine Verachtung und keinen Hohn entgegenbringt.

 

4. Im Irrtum sind jene, welche meinen, dass Menschen, die ohne schwere Sünde sterben, sogleich in den Himmel kommen, weil es angeblich kein Fegfeuer gebe.

Schon der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass nicht jeder gleich nach dem Tod in den Himmel kommen kann. Ein Bauer hatte ein sehr zanksüchtiges Weib. Als diese starb, kamen Freunde und Nachbarn, um den Bauern zu trösten, auch der Pfarrer des Ortes kam und sprach zu ihm Worte des Trostes. Unter anderem sprach er: „Geben Sie sich zufrieden, guter Mann! Ihre selige Frau ist gut aufgehoben; sie ist jetzt beim lieben Gott!“ Bei diesen Worten rief der Bauer mit großer Verwunderung: „Was? Beim lieben Gott? Nun mit der wird der liebe Gott ein schönes Kreuz haben!“ Der Bauer hielt es also nicht für möglich, dass sein zanksüchtiges Weib gleich nach dem Tod zum lieben Gott in den Himmel gekommen sei. (Spirago, Beispiel-Sammlung, 6. Aufl. Nr. 561.)

 

Schon der gesunde Menschenverstand sagt uns eben, dass im Jenseits ein Reinigungsort sein muss. Denn mancher Mensch ist kein so großer Sünder, dass er von Gott auf ewig verdammt werden könnte. Andererseits ist er aber auch beim Tod nicht so rein, dass er sogleich in die Gesellschaft der Engel und Heiligen kommen könnte, denn nach den Worten der Heiligen Schrift kann nichts Unreines ins Himmelreich eingehen. (Off. 21,27) Somit muss es im Jenseits außer Himmel und Hölle noch einen dritten Ort geben, wo der Mensch vollkommen gereinigt wird. Gleichwie die Ähren auf dem Felde in der Sonnenhitze reif werden, so werden dort manche Seelen in der Hitze des Fegfeuers reif für den Himmel.

Dass tatsächlich ein Fegfeuer existiert, ist kirchlicher Glaubenssatz. Das Konzil von Trient hat in seiner 25. Sitzung ausdrücklich erklärt, dass es ein Fegfeuer gibt und dass die Seelen, die dort zurückgehalten werden, durch die Gebete der Gläubigen und hauptsächlich durch das hl. Messopfer Linderung ihrer Leiden erhalten.

Christus spielt auf das Fegfeuer an, indem er sagt: „Wer aber wider den Heiligen Geist sündigt, dem wird weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben werden.“ (Mt 12,32) Ferner droht Christus dem Sünder mit einem Kerker und spricht: „Wahrlich sage ich dir, du wirst von dort nicht herauskommen, bis du den letzten Heller bezahlt hast.“  (Mt 5,26) auch der hl. Paulus sagt, dass manche wie durchs Feuer zur Seligkeit gelangen. (1. Kor. 3,15)

Zu bedauern sind die verstorbenen Angehörigen jener Menschen, die nicht ans Fegfeuer glauben. Denn solche Leute verrichten für ihre Toten keine Gebete und keine guten Werke, so dass die Hingeschiedenen im Jenseits ohne Hilfe bleiben. Sie schicken ihren verstorbenen Angehörigen wohl Tränen in die Ewigkeit nach, gedenken ihrer durch das Tragen von Trauerkleidern und glauben, ihre Schuldigkeit getan zu haben, wenn sie viele Kränze auf den Sarg legen und ein prunkvolles Begräbnis veranstalten. Das alles ist wohl ein Zeichen von Pietät gegen den Verstorbenen, aber das hilft der Seele des Verstorbenen in der Ewigkeit nicht. Der hl. Augustin sagt: „Der Pomp bei der Beerdigung ist mehr ein Trost für die Lebenden als eine Hilfe für die Verstorbenen.“ (de civ. D. 1,12)

Der hl. Chrysostomus sagt: „Den Verstorbenen wird nicht durch Tränen geholfen, sondern durch Gebet und Almosen.“ (horn 41,I.ep.ad Cor.) Es sind, wie schon früher einige Fälle erzählt wurden, zuweilen Erscheinungen der Armen Seelen vorgekommen, die um Hilfe baten, ein Umstand, der zugleich für das Dasein des Fegfeuers spricht.

 

Es könnte jemand fragen: Warum erscheinen die Armen Seelen nur einzelnen bevorzugten Menschen? Maria Lindmayr sagt: „Wie die Armen zu den Reichten bitten gehen, so suchen die Armen Seelen solche Personen auf, die bei Gott viel vermögen, da diese Freunde Gottes sind.“ (S. 176) Pater Paul von Moll behauptete, dass eine große Zahl von Armen Seelen beständig zu ihm kamen und Gebet für ihre Befeiung verlangten; selbst bei Nacht auf seinem Ruhelager sei er stets von leidenden Seelen umgeben gewesen. (S. 152) Katharina Emmerich sagt, es sei eine große Gnade, wenn eine Arme Seele erscheinen darf, um Hilfe und Fürbitte zu erflehen.

Der hl. Kirchenlehrer und Dominikaner Thomas von Aquin (+1274), an dessen Wahrheitsliebe nicht zu zweifeln ist, berichtet folgendes Ereignis. Als er an der Universität zu Paris studierte, erschien ihm eines Tages seine im Kloster zu Capua in Italien verstorbene Schwester und bat ihn inständig, für sie zu beten, damit sie blad aus dem Fegfeuer erlöst werde. Thomas flehte nun eifrig zu Gott um ihre Befreiung aus dem Reinigungsort. Als sich der Heilige einige Zeit später in Rom aufhielt, erschien sie ihm noch einmal von Licht umflossen und teilte ihm dankend mit, dass sie infolge seiner Fürbitte in den Himmel aufgenommen worden sei. Der Heilige frage sie, wie es seinen zwei Brüdern in der Ewigkeit ergehe. Die Schwester antwortete: „Der Arnold ist schon im Himmel, Ludolf aber noch im Fegfeuer, wo er sehr leidet, zumal niemand seiner im Gebet gedenkt!“

Als der hl. Thomas ein andermal in der Dominikanerkirche zu Neapel betete, nährte sich ihm plötzlich sein Nachfolger auf dem Lehrstuhl in Paris namens Romanus. Thomas fragte ich, aus welcher Ursache er von Paris nach Neapel gekommen sei. Der Gefragte entgegnete: „Ich bin bereits gestorben, war dann 14 Tage im Fegfeuer und bin nun im Besitz der himmlischen Seligkeit. Auf Befehl Gottes bin ich gekommen, um dir mitzuteilen, dass deine Werke Gott sehr wohlgefällig sind; auch soll ich dich zu weiteren Arbeiten ermutigen.“

 

Sehr bemerkenswert ist aber folgendes Ereignis: Dr. Josef Raffeiner, ein bekannter Missionar, war Generalvikar zu Williamsburg in Nordamerika und starb zu Meran im damaligen Südtirol am 31. Juli 1872, wo er auf dem alten Friedhof unter den Arkaden sein Grab hat. Er erzählte oft folgenden Vorfall aus seiner Jugend. Gebürtig zu Mais (Vintschgau) im Jahre 1815, machte er seine ersten Studien in dem zwölf Stunden entfernten Meran. Dort besuchte ihn ab und zu eine Magd namens Marie, die ihn in seiner Kindheit gepflegt hatte; sie machte eine Wallfahrt zu dem bei Meran gelegenen Gnadenorte der „Schmerzhaften Mutter „ zu Riffian, und bei dieser Gelegenheit hielt sie sich bei dem Studenten Raffeiner in Meran auf, dem sie nebst Grüßen von der Mutter auch so manche Geschenke überbrachte.

Als Raffeiner später an der Universität zu Innsbruck studierte, fand sich die alte Dienstmagd auch dort bei ihm ein, sie reiste gewöhnlich nach dem Wallfahrtsort Absam bei Hall in Tirol, und dann begab sie sich zu ihrem Pflegekind. Als Raiffeiner hierauf in Rom weiterstudierte, klopfte es eines Tages an seine Zimmertüre, und ins Zimmer trat die alte Marie ein. „Schau, schau, bis nach Rom kommt mich die Marie besuchen!“ rief Raffeiner verwundert aus. Die Angeredete erwiderte: „Erschrecken Sie nicht! Ich gehöre nicht mehr zu den Lebendigen. Morgen wird mein Leichnam beerdigt. Ich komme Sie bitten, für meine Seele auf einem privilegierten Altar in einer Kirche Roms eine hl. Messe darbringen zu lassen; dann werde ich aus dem Fegfeuer befreit.“ (Die Bischöfe konnten früher in ihren bischöflichen und in allen Pfarrkirchen einen beliebigen Altar für immer als privilegiert erklären. Spirago, Volkskatechismus, S. 644)

Raffeiner versprach es ihr, worauf sie verschwand. Ein bekannter Priester brachte am andern Tag die hl. Messe für die Verstorbene an einem privilegierten Altar dar. Raffeiner wohnte dieser hl. Messe bei. Als er dann in sein Zimmer zurückgekehrt war, klopfte es wieder an die Tür, und die Magd trat herein, verneigte sich dankend und verschwand. Sogleich schrieb Raffeiner in seine Heimat nach Mais und erkundigte sich nach dem Befinden der alten Dienstmagd Marie. Er bekam dann die Nachricht, dass sie an jenem Tag begraben worden sei, den sie bei ihrer Erscheinung als den Tag ihres Begräbnisses bezeichnet hatte. (Spirago, Beispiel-Sammlung 6. Aufl. Nr. 589)

 

Der im Jahre 1923 verstorbene Abt und Prälat Alexander Gaibl zu Pressburg an der Donau hatte ein Buch herausgegeben unter dem Titel „Narratio rei admirabilis – Die Erzählung einer wunderbaren Begebenheit“,  worin er die Erscheinung eines im Fegfeuer leidenden Verstorbenen berichtet, welche Erscheinung sich über hundertmal zugetragen und nirgends in der Welt ihresgleichen hat. Das Buch ist leider nicht mehr zu haben, doch ist die ganze Geschichte sehr ausführlich erzählt in „Spirago, Über die sogenannten Anzeichen“ auf s. 109 bis 112.

Es sei hier auch ein wunderbares Ereignis erwähnt, auf das sich das im Jahre 1431 zu Basel abgehaltene Konzil berief. Der hl. Stanislaus, Bischof von Krakau (+1079), hatte von einem Edelmann namens Petrus ein Grundstück für den Bau einer Kirche gekauft. Als dieser Petrus schon drei Jahre tot war, beschuldigten dessen Erben den Bischof, dass er das Grundstück nicht bezahlt habe, und forderten es zurück. Der polnische König Boleslaus II., der Grausame, der dem Bischof feindlich gesinnt war, wie er dessen schlechten Lebenswandel getadelt hatte, verlangte nun vom Bischof die Bezahlung oder die Rückgabe des Grundstückes. Da der Bischof keinen Kaufvertrag in Händen hatte, befand er sich in schlimmer Lage. Er bat nun Gott um Hilfe. Drei Tage lang fastete er streng unter stetem Gebet und bat auch seine Priester, ihn auf gleiche Weise zu unterstützen. Als die drei Tage vorüber waren, ging der Bischof in Begleitung einer großen Volksmenge auf den Friedhof und ließ dort das Grab des Edelmannes öffnen. Im Sarg fand man nur noch dessen Gebeine. Der Bischof kniete nieder, verrichtete ein Gebet und  berührte dann mit seinem Hirtenstab die Gebeine, wobei er dem Verstorbenen im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit befahl, aus dem Grab hervorzukommen und mit ihm zu Gericht zu gehen, um der Wahrheit Zeugnis zu geben. Und siehe, es geschah ein großes Wunder. Die Gebeine nahmen plötzlich Fleisch an, und der Tote wurde lebendig. Er ging dann mit dem Bischof zum König und rechtfertigte den Bischof. Dieser fragte dann den Auferstandenen, ob er ihm von Gott noch einige Lebensjahre erbitten soll. Doch der Mann entgegnete, er habe noch im Fegfeuer zu leiden, und er befürchte, dass er auf Erden wieder sündigen könnte. Deshalb begebe er sich in sein Grab zurück. Auch bat er den Bischof um seine Fürbitte bei Gott, damit seine Leiden im Fegfeuer gemildert würden. Als sich der Auferstandene in das Grab gelegt hatte, zerfiel er wieder und war wie zuvor.

Mögen uns auch derartige Vorfälle fast unglaublich vorkommen, weil wir in solchen äußerst seltenen und außergewöhnlichen Dingen keine Erfahrung haben, so lassen sich diese nicht gut anzweifeln, weil die Wahrheit dieser Berichte durch die Ehrlichkeit der betreffenden Personen und oft auch durch zahlreiche Zeugen genügend verbürgt ist. Trotzdem aber sind sie doch kein Gegenstand des Glaubens. Niemand ist verpflichtet, die Privatoffenbarungen mit einem Akt des Glaubens anzunehmen, zumal sich hie und da auch ein rein menschlicher Gedanke einschleichen kann. Jeder kann sich hierüber sein eigenes Urteil bilden, vorausgesetzt, dass es mit der Lehre der katholischen Kirche übereinstimmt.

 

Selbst Luther hat anfangs das Dasein des Fegfeuers nicht bestritten; denn er erklärte: „Ich bin fest überzeugt und wage zu behaupten, dass ein Reinigungsort existiert, weil ich mich überzeugt habe, dass dessen in der Heiligen Schrift Erwähnung geschieht.“ (Disiput. Lipsiae)

Jene, die nicht ans Fegfeuer glauben, stellen gern die Behauptung auf, dass sich angeblich alle Schuld schon auf Erden räche; deshalb sei das Fegfeuer überflüssig. Doch ist diese Behauptung ebenso falsch wie der Satz: „Die Weltgeschichte ist das Weltgericht.“ Es ist wahr, dass oft schon auf Erden die schlechten Taten ihre Vergeltung finden, doch viele schlechte Handlungen und Verbrechen bleiben, wie die Tatsachen beweisen, auf Erden unbestraft, sind daher einer jenseitigen Vergeltung vorbehalten.

Auch die Behauptung, dass nach dem Tod des Menschen dessen Seele schlafe, ist desgleichen irrig. Allerdings nennt der hl. Paulus die Toten „Entschlafene“ (Thess. 4,13 ff; 1. Kor. 7,39; 11,30; 15,18), dies nur deshalb, wie sie dereinst leiblich werden auferweckt werden. (Hl. Aug.) Doch gibt es im Jenseits keinen Seelenschlaf, wie schon aus dem Gleichnis Christi vom reichen Prasser und dem armen Lazarus hervorgeht. Was die Toten geistig fortleben, rufen wir die Heiligen um ihre Fürbitte an. Man beachte auch die Worte Christi: „Wer an mich glaubt, der wird leben, wenn er auch gestorben ist.“ (Joh 11,25)

 

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IX. Wodurch können wir uns das Fegfeuer abkürzen? 

Es gibt verschiedene Mittel, um sich das Fegfeuer abzukürzen oder vielleicht ihm sogar entgehen:

 

1. Wenn man beim Tod ganz in den Willen Gottes ergeben ist.

Ein solcher Mensch verrichtet eine Heldentat, die dem Märtyrertod gleicht. Blosius sagt: „Die vollkommene Ergebung in den Willen Gottes in der Todesstunde befreit den Sterbenden nicht nur von der Hölle, sondern auch vom Fegfeuer, mag er auch noch so viel Sünden begangen haben.“ Der hl. Alfons erklärt: „Wer gottergeben stirbt, hinterlässt anderen die Gewissheit, dass er selig geworden ist.“ Deshalb hat Papst Pius X. am 9.3.1904 den Gläubigen einen vollkommenen Ablass für die Todesstunde gewährt, wenn sie einmal im Leben an einem beliebigen Tag nach würdiger Beichte und Kommunion folgendes Gebet verrichten:

„Herr, mein Gott, schon jetzt nehme ich jede Art des Todes, wie es dir gefallen wird, mit allen ihren Ängsten, Leiden und Schmerzen, von deiner Hand mit voller Ergebung und Bereitwilligkeit an.“

 

Siehe auch, was Pater Paul von Moll von jener Dame sagt, die bei einem Eisenbahnunglück ums Leben kam. Ebenso behauptet Paul von Moll: „Ein gutes Mittel, nicht lange im Fegfeuer bleiben zu müssen, besteht darin, dass man gänzlich ergeben in den heiligen Willen Gottes stirbt.“ (S. 151)

 

2. Wenn der Schwerkranke die hl. Krankensalbung würdig empfängt, kann er leicht dem Fegfeuer entgehen.

Die hl. Krankensalbung hat eine besondere göttliche Kraft für Leib und Seele. Gleichwie das Öl geschmeidig macht, so bewirkt die hl. Krankensalbung, dass wir leichter in den Himmel eingehen. Wie sich ein Nagel, der eingeölt ist. Leichter ins Brett einschlagen lässt, so rutscht der Schwerkranke infolge der heiligen Salbung leichter in den Himmel.

Die hl. Ölung entfernt die Hindernisse, welche die Seele vom Eingang in den Himmel zurückhalten. Solche Hindernisse sind vor allem die Sündenstrafen, die infolge der hl. Krankenölung nachgelassen werden und zwar mehr oder weniger, je nach der Grösse der Reue und Andacht beim Empfang dieses hl. Sakramentes. Die Heiligen behaupten, dass die hl. Krankenölung der Seele des Kranken dieselbe Reinheit wie die Taufe verleihe. Der hl. Egbert, Erzbischof von York, der im achten Jahrhundert gelebt hat, sagt: „Die Seele desjenigen, der die hl. Salbung empfangen hat, wird nach dem Tod ebenso rein sein wie die eines Kindes, das nach der Taufe stirbt.“

 

Das Konzil von Trient erklärt (in der 14. Sitzung, Kap.2), dass durch die Krankenölung „die Überreste der Sünden ausgetilgt werden“, dass also die zeitlichen Sündenstrafen nachgelassen werden. Deswegen werden dadurch auch die lässlichen Sünden verziehen, wie der Tridentinische Katechismus (11,14) ausdrücklich erwähnt. Auch jenen Sünden werden verziehen, an die sich der Kranke nicht mehr erinnern konnte oder die der Kranke infolge geistiger oder leiblicher Schwäche bei der Beichte nicht mehr anzugeben imstande war.

Dass durch die hl. Ölung tatsächlich Sünden vergeben werden, folgt aus den Worten der Gebete, die der Priester spricht, wenn er die fünf Sinne salbt, er spricht nämlich: „Durch diese heilige Salbung und seine mildreichste Barmherzigkeit verzeihe dir der Herr, was du gesündigt hast durch das Sehen, bzw. Gehr, Geruch, Geschmack, Berührung.“

Heute lauten die Gebete bei der Salbung der Stirn: „Durch diese hl. Salbung helfe dir der Herr in seinem reichen Erbarmen, er stehe dir bei mit der Kraft des Hl. Geistes.“

Und bei der Salbung der Hände: „Der Herr, der dich von Sünden befreit, rette dich, in seiner Gnade richte er dich auf.“

Der hl. Thomas von Aquin sagt: „Infolge der Krankensalbung bleibt im Menschen nichts zurück, was die Seele beim Scheiden aus dem Leib an der Erlangung der Seligkeit hindern konnte.“ (C. gent. 4,73)

 

Die hl. Krankensalbung hat aber noch eine andere segensreiche Wirkung. Sie hat eine ganz besondere Kraft zur Wiederherstellung der Gesundheit. Daher sagt der hl. Apostel Jakobus (5,14): „Der Herr wird ihn wieder aufrichten“, nämlich den Kranken, der die hl. Ölung empfängt. Die hl. Krankenölung ist also ein göttliches Heilmittel für Leib und Seele.

Sehr wichtig ist hierbei aber folgendes: Der Schwerkranke muss dieses heilige Sakrament möglichst bald empfangen und darf nicht, wie es leider sehr oft aus Unverstand geschieht, den Empfang leichtsinnigerweise hinausschieben, bis ihn vielleicht schon die Kräfte ganz verlassen. Denn es kommt viel darauf an, dass man die hl. Krankensalbung recht gottergeben empfängt. Der Tridentinische Katechismus sagt: „Die Gnade dieses heiligen Sakramentes wird reichlich gespendet, wenn der Kranke die hl. Ölung empfängt, solange er noch bei vollem Bewusstsein ist und daher Glaube, Ehrfurcht und Frömmigkeit äussern kann.“

Traurig ist jedoch, wenn der Priester erst zum Kranken gerufen wird, wenn dieser schon bewusstlos ist. Wer die Feuerwehr erst dann ruft, wenn das Haus schon fast niedergebrannt ist, der ist ein Tor. Ein ebensolcher Tor ist derjenige, der den Empfang der hl. Krankensalbung verschiebt, bis er schon fast bewusstlos ist, und Gott auch ein Wunder wirken müsste, um ihm die Gesundheit wieder zu geben. Den Leichtsinn belohnt Gott durch kein Wunder.

 

Eine grosse Verantwortung laden die Angehörigen des Kranken auf sich, die schuld daran sind, wenn der Kranke ohne die hl. Ölung stirbt oder dass er sie erst im Zustand der Bewusstlosigkeit empfängt. Töricht ist jener Kranke, der meint, dass die hl. Krankensalbung seinen Tod beschleunige und dass er dann bald sterben werde. Dieses hl. Sakrament ist doch von Christus deswegen eingesetzt worden, um dem Kranken geistig und leiblich zu helfen.

Die stigmatisierte Jungfrau Barbara Pfister, die 1909 zu Speyer gestorben ist, sagt, dass uns durch die hl. Ölung jene Früchte mitgeteilt werden, die uns Christus durch seine unbeschreibliche Verlassenheit am Kreuz erworben hat. In seiner Verlassenheit rief damals der Heiland aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ Diese Verlassenheit hat Christus für uns Sünder aufgeopfert, damit wir im Falle einer schweren Krankheit eines besonderen Trostes und einer besonderen Hilfe teilhaftig würden. In der Regel empfindet auch jeder Schwerkranke nach der hl. Krankenölung eine grosse Erleichterung, und oft tritt eine auffallende körperliche Besserung ein.

Wahrscheinlich trägt der Ausdruck „Letzte Ölung“ viel dazu bei, dass die Schwerkranken abgeschreckt werde, dieses hl. Sakrament zu empfangen. Der Kranke, der das Wort „Letzte ֖ Ölung“ hört, wird ängstlich und meint, sein letztes Stündlein sei gekommen. Das Wort „Letzte Ölung“ ist erst im 12. Jahrhundert aufgekommen, zuvor war nur das Wort „die hl. Krankenöֶlung“ (unctio infirmorum) im Gebrauch. Diese Angst kommt auch daher, weil im Volke eine grosse Unkenntnis über die vortrefflichen Wirkungen der hl. Ölung besteht. Würden die Gläubigen die göttliche Kraft der hl. Krankenölung für Leib und Seele kennen, würden sie im Fall einer schweren Krankheit nach nichts sehnlicher verlangen als nach diesem hl. Sakrament.

 

3. Das Tragen des Skapuliers U.L. Frau vom Berge Karmel trägt auch zur Abkürzung des Fegfeuers bei.

Dieses Privileg hat seinen Grund in folgender Tatsache: Der hl. Simon Stock, General des Karmelitenordens, der im Jahre 1265 zu Bordeaux in seinem 100. Lebensjahr gestorben ist, flehte unablässig den Schutz der Mutter Gottes für seinen damals sehr verfolgten Orden an. Darauf hatte er am 16. Juli 1254 zu Cambridge in England eine Offenbarung der Mutter Gottes. Diese zeigte ihm ein Skapulier und versprach, dass derjenige, welcher dieses tragen werde, Schutz in Gefahren und nach seinem Tod baldige Befreiung aus dem Fegfeuer erlangen werde.

Das Skapulier besteht aus zwei Stückchen wollenen Tuches, die durch eine Schnur miteinander verbunden sind und über die Schultern (scapulae) gehängt werden, so dass das eine Stück auf der Brust, das andere auf dem Rücken liegt. Dieses Skapulier, das von brauner Farbe ist, hat dann in der Christenheit außerordentliche große Verbreitung gefunden, besonders im Jahre 1322 auch dem Papst Johannes XXII. Die Mutter Gottes erschienen ist und ihm versicherte, dass den Trägern dieses Skapuliers im Fegfeuer Erleichterung zuteil werde und dass sie nach ihrem Tod bald, womöglich schon am Samstag nach ihrem Tod, aus dem Fegfeuer befreit würden.

Dieses Privileg ver6ffentlichte der Papst am 3. Mrz 1322.

Wer dieses Skapulier tragen will, muss Mitglied der Bruderschaft Unserer lieben Frau vom Berge Karmel werden. Priester sind berechtigt, Mitglieder aufzunehmen, ihnen das Skapulier zu segnen und umzuhängen. (Siehe die dazu vorgeschriebenen Gebete im Rituale romanum.) Das Skapulier bzw. die Skapuliermedaille müssen die Mitglieder dann andauernd tragen, auch bei Nacht. Nur wenn es nicht möglich ist, z.B. beim Waschen, darf es weggelegt werden.

 

4. Durch den Eintritt in einen Messbund kann man auch zur Abkürzung des Fegfeuers beitragen.

Zum Schluss seien die Worte Christi an die Ordensschwester Marie Lataste angeführt. Christus ermahnte sie, für die Armen Seelen zu beten, und sprach: „Bete für sie, um sie von ihren Qualen zu befreien, um ihre Erlösung zu beschleunigen und sie in den Besitz der ewigen Seligkeit zu bringen. Bete für sie, denn damit betest du für dich selber, tust etwas Gott Wohlgefälliges, und Gott wird es dir vergelten; du erlöst die Seelen und hast dann an ihnen ebenso viele Fürsprecher im Himmel, die für dich bitten, auf dass du, solange du noch auf Erden weilst, immer heiliger und nach deinem Tod bald aus dem Fegfeuer erlöst werdest.“ (III. 10,S. 149)

 

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Anhang – Ergänzungen 

Das wichtigste ist ein gläubiges Leben in treuer Erfüllung aller Gebote Gottes, der Kirche und der Standespflichten sowie der häufige Empfang der Sakramente.

Vergessen wir auch nicht die Übung der leiblichen und geistigen Werke der Barmherzigkeit (Almosengeben etc.).

Weiterhin ist heilsam, alle Widerwärtigkeiten des Lebens aus Liebe zu Gott zu tragen und die Einsprechungen der Gnade nicht zu vernachlässigen.

 Besondere Gnadenmitteln, die uns gegeben sind:
Das Tragen der "Wundertätigen Medaille". Der hl. Maximilian Kolbe hat damit große Bekehrungen erlebt.
Das Tragen der verschiedenen Skapuliere, vor allem des braunen Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel.
Die anderen Arten der besonderen Muttergottesverehrung, z.B. die vollkommene Hingabe nach dem hl. Ludwig 'A Maria Grignion von Montfort oder Pater Neubert - Mein Ideal (EOS-Verlag):
Das tägliche und betrachtende Gebet des heiligen Rosenkranzes, worauf ebenso große Verheißungen dem hl. Dominikus und seinen Nachfolgern in der Verbreitung dieser Andacht von der Muttergottes gegeben wurden, ähnlich wie dem hl. Simon Stock für das braune Skapulier.
Eine einfache Übung gab die Gottesmutter der hl. Mechthild: Täglich drei Ave Maria um eine gute Sterbestunde zu beten. Der hl. Antonius von Padua betete täglich drei Gegrüßt seist Du Maria um die hl. Reinheit zu bewahren. Diese kleine Übung kann jedermann, auch der größte Geschäftsmann oder die vielbeschäftigte Hausfrau, täglich verrichten. Viele Heilige haben diese Übung eifrig empfohlen (siehe Anhang) (Pasquali "Die Drei Ave Maria", Hacker-Verlag)
Ferner gibt es eine Erzbruderschaft zu Ehren des hl. Josefs, des Patrons der Sterbenden, mit Sitz im Kloster St. Trudpert in 7816 Münstertal bei Freiburg/Br. Es ist lediglich täglich ein kleines Gebet um eine gute Sterbestunde vorgeschrieben.
Die Erzbruderschaft vom Kostbaren Blute ist errichtet zur Sühne der eigenen Sünden für die Anliegen der Kirche, zur Bekehrung der Sünder und zum Troste der Armen Seelen im Fegfeuer. Sie hat das besondere Privileg, für alle eingeschriebenen Mitglieder Anteil an allen guten Werken und Bußübungen aller Orden zu haben. Aufnahmemöglichkeit bei den Missionaren vom Kostbaren Blut.
Das größte Gnadenmittel ist vor allem das hl. Meßopfer, welches für Lebende und Verstorbene dargebracht wird "zur Vergebung der Sünden", wie es ausdrücklich in den hochheiligen Wandlungsworten heißt. Gehen Sie oft und eifrig zur hl. Messe. Opfern Sie diese und die hl. Kommunion in ihren Anliegen bzw. für ihre Verstorbenen auf. Lassen Sie hl. Messen lesen. Lesen Sie im Anhang über die 30 Gregorianischen Messen und die sechs Messen zum Leiden Christi, wodurch einer Armen Seele ganz besonders geholfen werden kann.
Die Meßstipendien für die Gregorianischen Messen sind etwas höher, weil diese ununterbrochen gelesen werden müssen, d.h. nach einer Unterbrechung muß der Priester wieder von neuem beginnen!

Seien Sie auch sonst großzügig, denn mit den Meßstipendien können Sie keine Messe bezahlen, sondern sollen dem Priester den Lebensunterhalt für den Tag, an dem er die hl. Messe liest, gewähren. Manche arme Priester im Ausland und in den Missionen müssen davon leben.
Außerordentlich wertvoll ist und bleibt die Requiemmesse, in welcher alle Gnaden den Armen Seelen zukommen. Deshalb erhalten die Gläubigen hierbei auch keinen Schlußsegen. Bitten Sie ruhig um ein richtiges Requiem für Ihre Verstorbenen.
Gnadenreich ist es, wie bereits erwähnt, auch außerhalb des hl. Meßopfers das kostbare Blut, die hl. Wunden, das hl. Antlitz und das Leiden unseres Heilandes zu verehren und für sich wie auch für die Armen Seelen aufzuopfern.
Besonders wertvoll ist die Kreuzwegandacht (vollkommener Ablaß) und die sog. Brigittengebete, 15 Vaterunser ein Jahr lang (Link) bzw. 7 Vaterunser 12 Jahre lang (Link) gemäß den Offenbarungen der hl. Brigitta.
Opfern Sie täglich wenigstens ein Gesetz vom Schmerzhaften Rosenkranz für die Armen Seelen auf. Dies ist ihnen ein großer Trost. Wer gar täglich den Psalter betet, kann z.B. die schmerzhaften Geheimnisse für die Armen Seelen, besonders die verlassensten Priesterseelen, aufopfern. Gerade die verstorbenen Priester, Bischöfe, Päpste und Ordensleute haben ein schweres Fegfeuer, wie die hl. Franziska Romana uns berichtet (siehe Anhang). Sie haben meist keine Angehörigen, die für sie beten und bräuchten unsere Hilfe am dringensten.
Das Aufopfern der Ablässe wurde bereits ausführlich erwähnt.
Eine bekannte Übung ist das Weihwassergeben. Aber bitte nicht nur auf dem Friedhof und an Allerseelen. In manchen Gegenden ist man zu sparsam, doch bedenken wir immer wieder die Worte des Heilandes im Evangelium: "Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan." (Mt. 25)
Das Almosengeben wird bereits im Alten Testament vom hl. Erzengel Raphael empfohlen: "Almosen rettet von Tod und reinigt von jeder Sünde; wer Barmherzigkeit übt und Gutes tut, wird mit Leben erfüllt werden." (Tobias 12) Schon der alte Tobias sagte zu seinem Sohn: "Das Almosen rettet nämlich vom Tod und verhindert, daß man in die Finsternis eingeht." (Tob. 4,10)
Durch Almosengeben können wir also große Gnaden erhalten, u.U. die Gnade der Bekehrung. Dieses Werk der Barmherzigkeit können wir auch aus Liebe zu den Armen Seelen vollbringen wodurch diesen die dadurch erworbenen Gnaden zuteil werden.
Mit dem sog. "päpstlichen Segen für die Todesstunde" ist ein vollkommener Ablaß verbunden. Dieser Segen kann in Todesgefahr von jedem Priester gespendet werden.
Auch gibt es Sterbekreuze, d.h. Kreuze, welche mit einem vollkommenen Ablaß für die Sterbestunde versehen sind. Dieses Kreuz muß man dann einfach reumütig küssen und dabei den Namen Jesus anrufen.
Wichtig ist die Letzte Ölung, welche die Salbung für den letzten Kampf ist. In der Todesstunde können nochmals schwere Anfechtungen auftreten, wogegen dieses hl. Sakrament die Seele stärkt.

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Zusätzliche Dokumente
Skapulier (scapulare = Schulterkleid) einen breiten, über Brust u. Rücken bis zu den Füßen herabfallenden Tuchstreifen, den manche Orden, so der OSB (vgl. RBen 33 (1921) 58-61) u. der OP, als Teil des Ordenskleides tragen.
Von den Skapulieren ist das bekannteste das braune
(schwarze) ULF v. Berge Karmel.
Die Einführung des S. ULF. v. Berge Karmel hängt mit der im Karmeliten-Orden v. Anfang an bes. gepflegten Marienverehrung zusammen. Nach der Ordenstradition, die auch in der Lectio V des Breviers am sog. S.fest
(Marienfeste III; seit 1960 als Fest für die ganze Kirche abgeschafft) am 16. Juli angeführt wird, erschien die Mutter Gottes Simon Stock am 16.7.1251 zu Cambridge u. übergab ihm das bereits als Teil des Ordensgewandes gebräuchliche S. z. Unterpfand des Heils für alle, die mit ihm bekleidet sterben. Damit wurde später das Sabbatinprivilegium verbunden. Zahlreiche Päpste seit dem 16. Jh. haben jene Vision u. Verheißung als frommen Glauben zu verkündigen gestattet.
Das S.kleid ist ein geeignetes Zeichen, die Weihe an die Mutter Gottes u. den Schutz ihrerseits zu symbolisieren.
Sabbatina, angebl. Bulle Sacratissimo uti culmine Johannes' XXII vom 3.3.1322, in welcher der Papst gemäß dem ihm in einer Marienvision erteilten Auftrag reiche Ablässe bestätigte, die Christus auf Fürbitte Mariens den Karmeliten u. den ihnen angeschlossenen Bruderschaften gewährte, u.a. die Zusicherung des Heiles u. die am nächsten Samstag
(Lesarten: subito od. sabbato) nach dem Tod erfolgende Befreiung aus dem Fegfeuer. Seit Clemens VII (1528) wurden das "Privilegium Sabbatinum" von mehreren Päpsten in allg. Form, die Ablässe des OCarm, bes. die "indulgentiae maximae Sabbatinae", noch v. Pius XII (1950) bestätigt.
(Aus dem neuen LThK (Herder 1964/86 Bd. 9 S. 191)
Grunsätzlich gilt: Wer das braune Skapulier ordnungsgemäß von einem Priester aufgelegt bekam und dieses bzw. die Skapuliermedaille immer trägt, die Muttergottes täglich verehrt und die standesgemäße Keuschheit bewahrt, wird von der Muttergottes vor dem Feuer der Hölle bewahrt. Deshalb muß man besonders bei Schwerkranken und Sterbenden achten, daß ihnen das Skapulier nicht abgenommen wird
(im Krankenhaus, Pflegeheim, vor schweren Operationen etc.).
Das zusätzliche Samstagsprivileg verheißt jenen, die das Skapulier tragen und täglich das Muttergottesoffizium beten oder Mittwoch, Freitag und Samstag
(außer am Weihnachtsfest) Abstinenz halten (kein Fleisch essen), daß sie bald, womöglich am Samstag nach dem Tode aus dem Fegfeuer erlöst werden. (Dieses Zusatzopfer kann in Einzelfällen von einem Priester geändert werden (z.B. tägl. Rosenkranz))

Die Drei Ave Maria zu Ehren der Macht, der Weisheit und der Barmherzigkeit der Allerheiligsten Jungfrau.
Diese Übung wurde der hl. Mechtildis mit dem Versprechen eines guten Todes geoffenbart, wenn sie derselben alle Tage treu wäre.
(13. Jh.)
Man liest auch in den Offenbarungen der heiligen Gertrud, einer Zeitgneossin und Freundin der hl. Mechtildis: "Während diese Heilige das Ave Maria bei der Mette vor Mariä Verkündigung sang, sah sie plötzlich drei Lichtstrahlen aus dem Herzen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes hervorleuchten, welche ins Herz der seligen Jungfrau eindrangen. Dann hörte sie folgende Worte: "Nach der Macht des Vaters, der Weisheit des Sohnes, der barmherzigen Liebe des Heiligen Geistes ist nichts der Macht, der Weisheit, der barmherzigigen Liebe der Jungfrau Maria ähnlicher."
Seine Heiligkeit Benedikt XV. hat die Bruderschaft der drei Ave Maria zur Erzbruderschaft erhoben und ihr wertvolle Ablässe verliehen mit der Vollmacht, sich weitere Bruderschaften gleichen Namens und gleicher Natur anzugliedern und ihnen die eigenen Ablässe mitzuteilen.
Ü b u n g. - Man muß morgens und abends die drei Ave Maria zu Ehren dieser drei großen Vorzüge mit folgender Anrufung am Ende beten: Am Morgen: "O, meine Mutter, bewahre mich an diesem Tag vor der Todsünde." Am Abend: "O, meine Mutter, bewahre mich in dieser Nacht vor der Todsünde."
(200Tage Ablaß durch Leo XIII. und apostolischer Segen von Seiner Heiligkeit Pius X. und von S.H. Benedikt XV.)
Imprimatur Regensburg, 29.10.1932, Dr. Höchst, G.V., Sekretariat der Erzbruderschaft: "U.L.F. von der Allerheiligsten Dreifaltigkeit"


Gregorianische Messen
(nicht zu verwechseln mit Gregoriusmesse), 30 für einen Verstorbenen an 30 aufeinanderfolgenden Tagen gelesene Messen (Gregorian. Messtricenar), genannt nach Gregor d.Gr., der als Abt von St. Andreas für einen verstorbenen Mönch Justus 30 Tage hintereinander (worin die alte 30tägige Trauerperiode erscheint) das hl. Opfer darbringen ließ. Nach Ablauf der 30 Tage meldete der Verstorbene in einer Erscheinung seine Befreiung aus dem Fegfeuer (Dial. IV 55). Daneben bestand der Gregorian.Meßseptenar mit 7 Messen für einen Verstorbenen an 7 aufeinanderfolg. Tagen (im Anschluß an die 7täg. alte Trauerperiode), der ebenfalls durch eine Erzählung Gregors (Dial. IV 55) im Mittelalter sehr populär war. Für ihn wurden 6 Meßformularien vom Leiden Christi u. eine Requiemsmesse gebraucht; letztere fiel seit dem 15. Jahrh. weg, es blieben nur mehr die sog. Passionsmessen, die auch jetzt noch zuweilen von den Gläubigen begehrt werden. Bestimmte Meßformularien sind für den Gregorian. Meßseptenar u. -Tricenar nicht mehr vorgeschrieben.
(Aus dem alten Lexikon für Theologie und Kirche-Herder 1932 Bd. IV. S. 688)
Die Gregorianischen Messen können nur von wenigen Priestern angenommen werden, da sie nicht unterbrochen werden dürfen z.B. durch Jahrtagsmessen. Am ehesten können sie in den Klöstern gelesen werden.
Die sechs Messen vom Leiden Christi werden heute auch noch gelesen. Je eine hl. Messe zu Ehren
- der unschuldigen Gefangennahme,
- des unschuldigen Gerichtes,
- der unschuldigen Verspottung,
- der heiligen Wunden, Schmerzen, des Elendes und Todes,
- des Begräbnisses und
- der Auferstehung und Himmelfahrt unseres lieben Herrn Jesus Christus.
Diese sechs hl. Messen kann man leichter und in jedem Fall für eine verstorbene Seele lesen lassen. Man kann sie auch zu Lebzeiten für sich selbst bereits lesen lassen, was ebenfalls großen geistlichen Nutzen bringt.
 


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